Trotz Rhetorik des Präsidenten

Fünf koptische Kinder wegen «Blasphemie» im Gefängnis

Fünf koptische Kinder in Ägypten bleiben in Haft – auch eine Woche, nachdem ein muslimischer Mob sie wegen «Blasphemie» angezeigt hatte. Sie waren zusammen mit ihrem Lehrer in einem privaten Video erschienen, das sich über ISIS lustig machte.

Zoom
In einem Bericht, den Fox News veröffentlichte, wurde gezeigt, wie ein wütender Mob sich um die Häuser von fünf christlichen Schülern versammelte und schrie, dass sie den Islam «beleidigt» hätten. Ihr Lehrer hatte ein Video aufgenommen, das zeigt, wie die Kinder sich über ISIS lustig machten. Der Lehrer wurde ebenfalls festgenommen und vier Tage lang von der Polizei verhört, während der Mob Steine gegen die Häuser der Schüler warf und von ihren Eltern verlangte, die Kinder der Polizei auszuliefern. Mittlerweile, eine Woche später, sind die Kinder und ihr Lehrer immer noch unter Arrest.

Unruhe-Provinz

Die Provinz Minya, aus der die 21 koptischen Christen stammen, die im Februar in Lybien von ISIS enthauptet wurden, hat in den vergangenen Jahren immer wieder Angriffe durch Muslime gegen koptische Christen erlebt. Im April wurde eine Kirche, die die Kopten im Gedenken an die 21 Märtyrer im Dorf al-Our gebaut hatten, durch einen wütenden Mob mit Molotow-Cocktails, Stöcken und Steinen zerstört.

Die Unruhen sind eskaliert, seit der frühere Präsident Mohammed Mursi durch das Militär abgesetzt wurde. Viele Muslime beschuldigen die Christen, am Sturz Mursis mitschuldig zu sein.

Todd Daniels, Nahost-Korrespondent für «International Christian Concern», befürchtet, dass die Kinder und ihr Lehrer aufgrund des umstrittenen Blasphemie-Artikels und der Eigenarten der ägyptischen Rechtsprechung zu langen Gefängnisstrafen verurteilt werden könnten. «Der Fall der fünf Kinder, die in Minya verhaftet wurden, ist ein weiteres Beispiel, wie Ägypten sich der Macht extremistischer Ideologien beugt», hält Daniels fest. «Ein Video – nicht einmal öffentlich vorgeführt – das die ISIS verspottet, eine Gruppe, die 21 ägyptische Bürger öffentlich enthauptet hat, führt dazu, dass diese fünf ins Gefängnis kommen. Trotz der Rhetorik von Präsident al-Sisi hat Ägypten eine unterschwellige Verfolgung, die nicht nur in der Öffentlichkeit, sondern auch im Rechtssystem sichtbar wird.»

Mehr als Rhetorik nötig

Der ägyptische Präsident al-Sisi hat wiederholt betont, dass Extremismus bekämpft und der Islam «reformiert» werden müsse. An Weihnachten besuchte er demonstrativ eine koptische Kathedrale. Aber die einzige Aktion, die seine Regierung bisher eingeleitet hat, sind neue Lehrbücher und Lehrpläne in Schulen. Christentum und Judentum wurden in alten Schulbüchern negativ dargestellt und der Islam als die einzige dominierende Religion im Land beschrieben. Die Christen des Landes, die etwa 10% der Bevölkerung ausmachen, erwarten nun, dass auf die Rhetorik des Präsidenten nun auch Taten folgen – was im Moment noch auf sich warten lässt.

Zum Thema:
«Zwei Reihen von Männern»: Märtyrertod von 21 Christen führt zu grösster Aktion in Ägypten
Keine Rache geplant: Ägyptische Christen wollen Hass keinen Raum geben
al-Sisi will «religiöse Revolution»: Ägyptischer Präsident hält bahnbrechende Rede

Datum: 14.05.2015
Autor: Reinhold Scharnowski
Quelle: Livenet

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