Verstärkte Islamisierung

Türkei: Schicksal der Christen ungewiss

Es gibt Warnungen, dass die Türkei sich nach den Massnahmen der letzten Wochen zu einer islamischen Republik entwickeln könnte. Berichte christlicher Medien zeigen, dass die Christen im Land grossen Risiken ausgesetzt sind.

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Recep Tayyip Erdogan, Präsident der Türkei
Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan nutzt den missglückten Coup vom 15. Juli dazu, die Türkei zielstrebig nach seinen Vorstellungen umzubauen. Es gibt viele, die das Land bereits mit dem alten islamischen Ottomanenreich vergleichen – eine De-facto-Diktatur um den sehr populären Führer herum.

Amnesty International nannte es einen «brutalen Rundumschlag» gegen – reale oder eingebildete – Gegner: Erdogan hat fast 26'000 Personen festgenommen, gegen über 13'000 von ihnen wurden Haftbefehle erlassen. Die Reisepässe von über 74'000 Personen wurden für ungültig erklärt. 60'000 Staatsbedienstete wurden suspendiert, und 20'000 Lehrer an Privatschulen dürfen nicht mehr unterrichten.

Einerseits: Christen begrüssen Ende des Militärputsches

Der Vorsitzende des Baptistenbundes in der Türkei, Ertan Cevik (Izmir), bestätigte gegenüber der Nachrichtenagentur idea, dass die christliche Minderheit das Ende des Militärputsches begrüsse: «Wenn das Militär die Macht übernommen hätte, wäre die Türkei in ihrer Entwicklung mindestens zehn Jahre zurückgeworfen worden», so Cevik. Auch wenn man nicht immer mit der stark islamisch geprägten Politik von Präsident Erdogan einverstanden sei, so sei er doch demokratisch gewählt worden. Cevik: «Viele Türken haben ihn gewählt, weil er ihnen ihr Selbstwertgefühl zurückgegeben hat. Er lässt sich nicht alles gefallen – auch nicht vom Westen.» Zum Baptistenbund in der Türkei gehören fünf Gemeinden mit rund 300 Mitgliedern.

Andererseits: Druck auf Christen

Wenn die Türkei allerdings zu einer islamischen Diktatur würde, würde das für Christen vermehrte Verfolgung bedeuten. Protestanten in der Türkei dürfen bereits keine Kirchen bauen und müssen sich «Vereine» nennen. Es gibt auch Befürchtungen, dass die alte byzantinische Kirche in Istanbul, die Hagia Sophia, zu einer Moschee wird.

Nach dem Putschversuch – den einige als Bewegung gegen die Islamisierung des Landes interpretieren – wurden bereits einige Kirchen und Gemeinden angegriffen, so etwa die katholische Marienkirche in Trabzon. Auch eine evangelische Kirche soll verwüstet worden sein.

Wird Türkei eine Diktatur?

Der missglückte Coup und die anschliessenden Massnahmen Erdogans haben starke Spannungen zwischen der Türkei und ihren westlichen Partnern ausgelöst, die fürchten, dass das Land in eine Diktatur schlittert. Erdogan sagte, seine Beziehungen zum Westen würden weitergehen, «aber sie haben keinen Platz in unseren Herzen.»

Die Türkei hat rund 75 Millionen Einwohner, von denen 95 Prozent Muslime sind. Einst Heimat von über zwei Millionen Christen, zählt die Türkei heute nur noch etwa 120'000. Von den 3'000 bis 5'000 evangelischen Christen hat die Mehrheit einen muslimischen Hintergrund.

Zum Thema:
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Datum: 05.08.2016
Autor: Reinhold Scharnowski
Quelle: Livenet / Christian Broadcasting Network

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