Christlich motiviert

Der Mann, der den Uiguren-Skandal aufdeckte

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Uiguren in einem Internierungslager in Xinjiang (Bild: Twitter @uyghur_nur)
Er wird gefeiert und angefeindet, und die «NZZ am Sonntag» gönnt ihm einen anerkennenden Bericht: Adrian Zenz ist mit seinen Enthüllungen über die Uiguren-Politik zum Alptraum der Führungsclique in China geworden.

«Kein Forscher zieht den Zorn Chinas so auf sich wie er», beginnt der NZZ-Bericht. Der deutsche Anthropologe und Ethnologe Adrian Zenz wies 2018 nach, dass in Xinjiang etwa eine Million Menschen – uigurische Muslime – in Lagern umerzogen werden, was China als wirtschaftliche und soziale Entwicklung bezeichnet. Seither hat er in der streng überwachten Provinz weitere Menschenrechtsvergehen aufgedeckt: «Trennung von Eltern und Kindern, erzwungene Geburtenkontrolle und Sterilisierungen» (NZZ).

Die UNO und verschiedene Länder griffen seine Enthüllungen auf, und die US-Regierung und andere Staaten sprechen mittlerweile von Völkermord. Zenz selbst nennt die Vorgänge in Xinjiang «kulturellen Genozid».  

Akribische Quellenforschung

Zuerst beschäftigt sich Zenz mit Tibet. Westchinas Minderheiten interessieren ihn, und als er das Bildungssystem der unterdrückten tibetischen Minderheit untersuchen will, werden Reisen vor Ort durch Unruhen immer schwieriger. Darum verlegt er sich auf das Studium staatlicher Dokumente im Internet. Schon in seinem Studium in Cambridge hatte ihn Statistik fasziniert. «Das stundenlange Abgrasen des Internets lohnt sich. Er kann etwa zeigen, dass mit der Machtübernahme von Xi Jinping die Zahl der Sicherheitskräfte in den tibetischen Regionen massiv angestiegen ist», so die NZZ.

James Leibold, australischer Ethnologe und Kenner der Region, bittet ihn, sich den Uiguren zuzuwenden. Nach Attentaten und Anschlägen haben sich die Beziehung zwischen dem muslimischen Turk-Volk der Uiguren und einem neuen, aus Tibet beorderten Parteichef verhärtet. Zenz sammelt «wie besessen» Dokumente aus dem Internet über Bauprojekte, Stellenangaben und Budgets in der Uiguren-Region – die Behörden geben viel mehr preis, als sie ahnen. Mit seiner Datensammel-Methode ist er ein Aussenseiter, ihm gelingt aber die Rekonstruktion eines Verbrechens an einem Volk im grossen Stil.

Lange hatte die chinesische Regierung die Existenz von Umerziehungslagern für Muslime in der Region Xinjiang geleugnet. Im Herbst 2018 gab sie zu: Es gibt die Lager doch, mit der Begründung, es handle sich gleichsam um vorbildliche Institutionen im internationalen Kampf gegen den Terrorismus.

Motivation: christliche Überzeugung

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Adrian Zenz
Wer ist der Forscher, der die Umerziehungslager ins Licht der Weltöffentlichkeit brachte? «Zenz macht (…) kein Geheimnis daraus, dass er den evangelikalen Christen angehört, für die eine persönliche Beziehung zu Jesus Christus und das Wort der Bibel grundlegend sind. Diesen Glauben hat er nicht aus seinem traditionell christlichen Elternhaus mitgenommen, sondern erst später gefunden – wie, das lässt er lieber offen», charakterisiert die «NZZ am Sonntag» den Forscher.

Eine Zeitlang lehrte Zenz an der renommierten Akademie für Weltmission in Korntal. «Am Telefon wirkt er allerdings alles andere als frömmlerisch. Zenz hat im wahren Sinn des Wortes eine Mission gefunden. Seine Forschung ist für ihn nicht bloss eine schöne Leidenschaft, sondern eine von Gott geleitete Berufung. Die wissenschaftlichen Fähigkeiten, die Gott ihm gegeben habe, nutzt er dazu, ein Verbrechen an der Menschheit aufzudecken. Es ist seine christliche Überzeugung, dass der Mensch eine Würde hat und diese unantastbar ist», so der Bericht weiter.

Wütende Gegenangriffe

Zenz ist überrascht, dass seine Entdeckungen in der Weltpolitik so viel auslösen. Seine Enthüllungen sind heute ein wesentliches Element in den aktuell angespannteren Beziehungen des Westens zu China. Die chinesische Führung kann den eigenen Dokumenten nicht viel entgegensetzen, darum versucht sie – und unzählige von ihr abhängige Journalisten und Agenturen –, ihn als Wissenschaftler anschwärzen: Er sei kein Experte, spreche nicht einmal chinesisch (was nicht stimmt), er sei ein Schwindler, der alles bekämpfe, was nicht an seinen Gott glaube und der für eine rechtsextreme Stiftung arbeite. Firmen reichen Klage wegen Geschäftsschädigung gegen ihn ein, und Chinas nahestehende Kreise – der Arm der kommunistischen Partei reicht weit in den Westen – greifen ihn in sozialen Medien an. Immer wieder wird ihm sein Glaube und sein «radikal evangelikaler Hintergrund» (Wikipedia) vorgeworfen, denn auf wissenschaftlicher Ebene ist er kaum angreifbar.

Das ist nicht angenehm. Aber die NZZ weiss: «Sein Glaube gebe ihm starken Halt und Zuversicht, sagt er». Auf die Frage, ob sich solch ein Einsatz lohnt, antwortet der Bericht schliesslich: «Eine grundlegende Änderung der Minderheitenpolitik im Polizeistaat Xinjiang erwartet Adrian Zenz nicht. Doch allein schon, dass zu den Uiguren durchdringt, dass die Aussenwelt ihr wahres Schicksal kennt und über Sanktionen diskutiert, sieht er als grosse Ermutigung.»

Zur Webseite:
Mehr Details von Adrian Zenz

Zum Thema:
China: Terror unter Uiguren: Regierung tötet Neugeborene von religiösen Minderheiten
Genozid in Ruanda: Wenn Opfer und Täter sich versöhnen
Versöhnung in extremis: Genozid machte sie zu Feinden - heute sind sie Freunde

Datum: 01.04.2021
Autor: Reinhold Scharnowski
Quelle: Livenet / NZZ am Sonntag / Frankfurter Allgemeine

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