Kulturschule für Asylsuchende

Freikirche «GPMC Thun» setzt ein Zeichen in der Gesellschaft

Warum soll ich dem Gegenüber beim Händedruck in die Augen schauen? Wie entsorge ich den Abfall? Und warum ist Pünktlichkeit wichtig? Was in unserer Kultur sonnenklar scheint, ist für Migranten oft schwer zu verstehen. Genau hier setzt die Kulturschule der Freikirche GPMC an.

Seit einem Jahr bietet die Thuner Freikirche GPMC Kurse zur Schweizer Kultur in den Bereichen «Leben in der Schweiz», «Wohnen in der Schweiz» und «Arbeiten in der Schweiz» an. In diesen Abendkursen werden alltäglichste Verhaltens- und Anstandsregeln vermittelt, wie sie in der Schweiz gelebt werden. «Was vielen Migranten fehlt, ist eine kulturelle Einführung in unser Land», sagt Lukas Etter, der Leiter der Kulturschule. Eine Sprachschulung alleine genüge oft nicht, um den Alltag bewältigen zu können.

Evangelisieren mit Taten

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Lukas Etter
Man wolle die Behörden bei ihren Integrationsbemühungen unterstützen und damit ein Zeichen in der Gesellschaft setzen, so Etter. «Unser Ziel ist nicht, die 30-40 Muslime, die an unsere Kultur-Kurse kommen, zu Christen zu machen.» Man wolle den Asylsuchenden aus Nächstenliebe dienen und quasi «mit Taten evangelisieren». Im Konzept der Kulturschule wird dies mit folgenden Worten umschrieben: «Der biblische Wert 'Liebe deinen Nächsten' ist Antrieb für das Projektteam der Kulturschule. Mit den Kursen wird jedoch nicht die Vermittlung christlicher Inhalte bezweckt.»

Das Konzept für die Kulturschule hat Lukas Etter während seines Studiums an der Schule für Sozialmanagement entworfen. Er habe dieses Thema nicht speziell gesucht, berichtet der 31-jährige Thuner. «2013 gab es in Allmendingen noch ein Durchgangszentrum. Da haben ein paar Christen jeweils mit den Asylsuchenden etwas Basketball gespielt oder Kaffee getrunken.» Im Gespräch mit den Migranten sei für ihn klar geworden, dass die kulturellen Gepflogenheiten eine grosse Herausforderung für «Neuankömmlinge» darstellen.

«Integration hat immer mit Arbeit zu tun»

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Kulturschule in Thun
Obwohl bei den Kursteilnehmern der Kulturschule die Aufenthaltsdauer in der Schweiz meist ungeklärt ist, sieht Lukas Etter ein Potential darin, Asylsuchenden (meist mit Ausländerausweis N) das kulturelle Know-how zu vermitteln. «Statt nur zu schimpfen, dass Schwarze im Zug immer 'schwarz' fahren, kann ich ihnen doch auch beibringen, wie sie ein Ticket lösen können. Wir denken oft gar nicht daran, dass dies das Problem sein könnte, warum jemand keinen gültigen Fahrausweis hat.» Genau solche Aufgaben des Alltags lernen die Migranten in der Kulturschule kennen.

An diesem Punkt ist die Hilfe für Etter aber nicht abgeschlossen. «Integration hat am Ende immer mit Arbeit zu tun!» Deshalb sei für Leute ab dem Ausländerausweis F der Arbeitskurs sehr wichtig. Dort sollen Migranten grundlegende Informationen zu Themen wie Chancenverbesserung auf dem Arbeitsmarkt, Jobsuche, Bewerbungsverfahren und Ausbildung erhalten. Etter und sein Team träumen davon, mit der Kulturschule Ausländer, die den entsprechenden Aufenthaltsstatus in der Schweiz haben, auf ihrem Weg ins Erwerbsleben zu begleiten – dies möglichst bis in den ersten Arbeitsmarkt. Sie träumen aber nicht nur für Thun, sondern für die ganze Schweiz. Regelmässig bieten sie Multiplikatorentage für Teams an, die das einfache Konzept an ihrem Ort umsetzen möchten.

Zur Webseite:
Kulturschule

Zum Thema:
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Datum: 31.05.2016
Autor: Florian Wüthrich
Quelle: Livenet

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