Vom Gericht entschieden

14-Jährige muss als Ehefrau zu ihrem Entführer zurück

Ein pakistanisches Gericht schickt ein 14-jähriges christliches Mädchen zu ihrem mutmasslichen muslimischen Entführer zurück. Aktivisten und Anwälte sind sich einig, das Urteil werde mehr Zwangsehen von Minderjährigen auslösen. Jährlich sind bis zu 1'000 christliche und hinduistische Mädchen betroffen.

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Maira Shahbaz (Bild: ACN International)
Ein Gerichtsbeschluss in Pakistan, das Sorgerecht für ein 14-jähriges christliches Mädchen an den muslimischen Mann zurückzugeben, der sie offenbar entführt und anschliessend gezwungen hat, zum Islam zu konvertieren und ihn zu heiraten, werde mehr christliche Mädchen anfällig für ein solches Trauma machen, sagen verschiedene Beobachter des Falls.

Lala Robin Daniel ist eine in Faisalabad ansässige Rechtsaktivistin, die die Familie der 14-jährigen Maira Shahbaz unterstützt. Sie erklärte, die Weigerung des Obersten Gerichtshofs von Lahore, das dokumentierte Alter des Mädchens und die Fälschung von Dokumenten, einschliesslich einer gefälschten Heiratsurkunde, zu berücksichtigen, sei beispiellos und würde zu mehr solcher Fälle führen.

«Noch ungestrafter ins Visier nehmen»

«Wenn die Gerichte dieses Landes damit beginnen, Minderjährigen-Ehen von Mädchen, die den Minderheitengemeinschaften angehören, für gültig zu erklären, wird dies Menschen aus dem Mehrheitsglauben ermutigen, sie noch ungestrafter ins Visier zu nehmen.»

Die heute 14-jährige Maira wurde im Alter von 13 Jahren mit dem bereits verheirateten muslimischen Mann Nakash Tariq vermählt und später entführt.

«Freiwillig» konvertiert

Bei der Anhörung vor Gericht am 23. Juli sagte Maira der Richterin Rana Masood Akhtar, dass sie über 18 Jahre alt sei, aus freien Stücken zum Islam konvertiert sei und mit ihrem muslimischen Ehemann zusammenleben wolle.

Da Mairas Familie die Ehe anfechtet, schickte die Richterin Maira am 28. Juli in ein Frauenhaus, bis ihr Alter bestimmt werden konnte.

Dann entschied der Oberste Gerichtshof von Lahore unter Vorsitz von Richter Shahid Mahmood Abbasi, dass Maira mit Tariq gehen zu können, obschon ihr Anwalt Khalil Tahir Sindhu belegen konnte, dass ihr Geburtsdatum der 30. Oktober 2005 ist – dies Anhand der Geburtsurkunde sowie dem Vermerk in einem Schulabschlusszeugnis und ausserdem belegte er, dass der Trauschein gefälscht war.

«Ein islamisches Urteil»

Trotz der vorgelegten Beweise, die ihr minderjähriges Alter bezeugen, und obwohl bereits diese Tatsache ausreicht, um die angebliche Ehe für ungültig zu erklären, entschied das Gericht von Lahore zugunsten des «Ehemannes». Khalil Tahir Sandhu: «Was wir da gesehen haben, ist ein islamisches Urteil.»

Der Anwalt beabsichtigt, gegen das Urteil Berufung einzulegen. Eigentlich wäre der Verweis, «wonach die Heranwachsende den islamischen Glauben angenommen hätte, nicht einmal mit der pakistanischen Gesetzgebung vereinbar. Denn nach dieser darf ein Minderjähriger die Religionszugehörigkeit nur mit Zustimmung der Eltern ändern.»

Ein typisches Muster: Bis zu 1'000 Mädchen pro Jahr betroffen

Erschreckend sei, dass diese «Schlüsseltatsachen bei der Abfassung des Urteils ignoriert wurden, obwohl die Vorlage gefälschter Dokumente vor Gericht eine Straftat darstellt und strafbar ist».

Sindhu geht davon aus, dass Maira aus Angst und unter Zwang sagte, sie habe aus eigenem Willen geheiratet und konvertiert. «Es ist nicht sehr schwierig, einer Minderjährigen zu drohen», so Sindhu. In vergleichbaren Fällen wurde beispielsweise den Mädchen gesagt, dass wenn sie nicht mitmachen, ihre Eltern und Geschwister getötet würden.

Lala Robin Daniel: «Mit diesem Urteil ist kein christliches Mädchen in Pakistan mehr in Sicherheit.» Der Menschenrechtsorganisation «Bewegung für Solidarität und Frieden» zufolge werden in Pakistan jedes Jahr rund 1'000 christliche und hinduistische Frauen und Mädchen entführt und zwangsverheiratet.

Zum Thema:
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Datum: 27.08.2020
Autor: Daniel Gerber
Quelle: Livenet / Morning Star News / Vatican News / Kirche in Not

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