Die Wahl des
Simmentaler Meisterlandwirts Andreas Gafner in den Nationalrat hat auch in
evangelisch-freikirchlichen Kreisen für Überraschungen gesorgt. Sie ist das
Resultat einer ungewöhnlichen Listenverbindung.
Die «exotischen» Listen verhalfen der EDU zum Sitzgewinn.
Die EDU des
Kantons Bern hat Listenverbindungen mit einer Reihe von kleinen Aussenseitern
geschlossen. Dazu gehörten «die Muskeltiere», «Landliste», «Partei der
unbegrenzten Möglichkeiten», «5G ade!» und «JutziPhilipp.com». Ein Sitzgewinn
wäre für diese Gruppierungen und Einzelpersonen aussichtslos gewesen, doch
gemeinsam können sie sich jetzt über einen Sitzgewinn freuen.
Kritik an Listenverbindung
Dass die EDU mit
einem solchen Konglomerat angetreten ist, hat nach der Wahl auch für Kritik
gesorgt. So in der Mittelland Zeitung, wo Sven Altermann die Listenverbindung
als «skurrilstes politisches Bündnis der Schweiz» bezeichnet und bezweifelt, ob
sich die verschiedenen Gruppen auch politisch nahe stehen.
Für die Partner transparent
Sam Kullmann
Architekt der
Listenverbindung ist der EDU-Mitarbeiter, Grossrat und Politologe Samuel
Kullmann. Er widerspricht dieser Behauptung. «Alle unsere
Listenverbindungs-Partner sind gemäss Smartvote im konservativen
Parteienspektrum angesiedelt und stehen der EDU daher sehr nahe, auch
wenn es sicherlich inhaltliche Differenzen gibt.»
Kullmann verteidigt die Legitimität der Listenverbindung damit, dass die Wahlhürde für
alle Listenverbindungspartner von 4,0 Prozent auf 2,5 Prozent gesunken sei. Alle Partner hätten dabei von Anfang an gewusst, dass die EDU am ehesten von der
Listenverbindung profitieren würde. Alle hätten in der Folge «die Wahl von Andy
Gafner auch als persönlichen Erfolg gewertet».
Ungerechtigkeit des geltenden
Wahlsystems
Kullmann erinnert daran, dass das geltende Wahlsystem kleine Parteien stark
benachteiligt: «Ohne die Möglichkeit der Listenverbindung wären die 25'000
EDU-Wähler in der Schweiz nicht im Parlament vertreten.» Der schweizweite Wähleranteil
von 1 Prozent würde sogar zwei Mandate rechtfertigen. Er weist auch darauf hin, «dass
die Listenverbindung auf jedem Wahlzettel aufgeführt und somit für den Wähler
transparent ersichtlich war».
Weshalb gerade Andreas Gafner?
Nationalrat Andreas Gafner
Andreas Gafner war zwar 12
Jahre lang Gemeindepräsident, jedoch nie im Grossen Rat. Weshalb hat gerade er
die Wahl geschafft und nicht einer der besser bekannten Grossräte der Partei.
Kullmann erklärt, Gafner habe schon bei früheren Nationalratswahlen sehr viele Stimmen
geholt. Bei den Wahlen von 2011 und 2015 habe er jeweils den zweiten Platz
hinter Andreas Brönnimann geschafft. Brönnimann hat sich aber nach seiner
Pensionierung aus der Politik zurückgezogen. Die EDU des Kantons Bern habe sich
daher entschieden, Andy Gafner als Spitzenkandidaten besonders zu pushen, was
sich in seinem persönlichen Resultat ausgezahlt habe, «besonders im Vergleich
zu uns Grossratsmitgliedern».