Wir leben in spannenden und spannungsvollen Zeiten. Sollte der Allmächtige nicht etwas häufiger eingreifen? Mit dem bekanntesten aller Gebete haben wir ein starkes Werkzeug, globalen und persönlichen Nöten wirkungsvoll zu begegnen.
«Jetzt kann man nur noch beten», hört man öfter. Ist Beten wirklich eine letzte Notlösung, wenn man alles andere probiert hat? Es ist erstaunlich, wie wir das Gebet zu schonen versuchen, als wenn es sich abnutzt, wenn man es zu viel braucht. Gebet ist wie ein Muskel – es wird mit häufigem Gebrauch stärker. Beten ist keine letzte Notlösung, sondern normale tägliche Übung wie Zähneputzen oder Essen.
Jesus hat gesagt, «so SOLLT ihr beten», er lehrte uns das «Unser Vater» als Richtlinie und lädt uns damit zu täglichem bewusstem Reden mit Gott ein (Die Bibel, Matthäus-Evangelium, Kapitel 5, Verse 9-15). Und es ist erstaunlich, wie umfassend und multidimensional Jesus uns mit diesen 50 Worten beten lehrt.
Unser Vater
Hier wird der Ton gesetzt. Nicht der Allmächtige wird angesprochen, sondern der Vater: Quelle, Versorger, liebende Umarmung. Unbedingt gut. Und er ist nicht nur mein, sondern «unser» – wenn ich den Vater anspreche, kann ich die Brüder und Schwestern nicht ignorieren.
… im Himmel
Hier kommt die Dimension ins Spiel, wo die wahren Entscheide über die Geschicke auf der Erde fallen. Beten ist eben nicht Dialog mit der eigenen Seele, sondern das bewusste Reden mit einem Wesen in einer anderen Dimension. Der Himmel ist übrigens nicht weit weg, sondern nur einen Hauch von unserer Welt entfernt.
Geheiligt werde dein Name
Gott ist Vater, aber kein Kumpel. Diese Bitte bewahrt uns vor allzu schnellem «gib mir, hilf mir, lass mich …». Halt. Dass Gott geehrt wird, ist oberstes Ziel – ein hilfreiches Zurechtrücken der Prioritäten in unserer Ich-bezogenen Gesellschaft.
Dein Reich komme
Gott hat mit Jesus eine neue Story auf dieser Welt angefangen – angefangen, aber noch nicht vollendet. Wir leben zwischen den Zeiten und sollen das «Immer-mehr-Kommen» der Herrschaft Gottes herbeibeten. Denn dann geht es der Welt gut.
Dein Wille geschehe
Das ist keine Bitte für Notlagen oder angesichts des Todes, sondern vor allem fürs Leben. Gottes Wille ist das Heil und die Rettung aller Menschen. Die Bitte heisst wörtlich «Dein Wille soll getan werden» und bezieht uns damit aktiv ein.
... wie im Himmel, so auf der Erde
Wer so betet, hat einen Massstab, wie es auf der Erde zugehen soll. Christen geben sich nicht eher zufrieden, bis dass in ihrem Einflussbereich ein Stück Himmel abgebildet wird. Das Reich Gottes ist nichts anderes, als dass Gottes Wille auf der – ganzen! – Erde wie im Himmel geschieht.
Unser tägliches Brot gib uns heute
Trotz Migros und Coop um die Ecke sollen wir Gott um unsere täglichen leiblichen Bedürfnisse bitten. Wir beten nicht um Luxus, aber um das Nötige – und zwar jeden Tag: Jesus lehrt uns, das Leben in tägliche Abschnitte einzuteilen und nicht lange vorauszusorgen.
Und vergib uns unsere Schuld
Vergebung gehört wie Brot zu den Grundbedürfnissen unseres Lebens, weil Schuld eine Menschliche Urerfahrung ist. Gott hat im Sterben seines Sohnes Schuld bezahlt, darum vergibt er gern. Aber es ist wichtig für uns, Schuld nicht zu verdrängen, sondern anzuerkennen und um Vergebung, d.h. Streichung, zu bitten.
Wie wir unseren Schuldigern vergeben
Wer weiss, dass er Vergebung braucht, kann das auch anderen Menschen zugestehen. Hier ist Jesus sehr radikal: «Wenn ihr anderen Menschen nicht vergebt, wird eure Schuld auch nicht vergeben» sagt er im Nachsatz zum «Unser Vater»
Und führe uns nicht in Versuchung
Wir stehen nicht einfach auf festen Beinen unangreifbar da. Es gibt Pfeile aus dem Hintergrund. Hier anerkennen wir unsere Verwundbarkeit und bitten um Schutz, den richtigen Weg nicht zu verlassen.
Sondern erlöse uns vom Bösen
Wir suchen oft nach Lösungen, wo es eigentlich Erlösung bräuchte. Vor allem das Böse ist eine Macht, wo wir Gott um sein Eingreifen bitten dürfen und sollen. Wir dürfen es nicht verdrängen, aber um Erlösung bitten. Und dann nicht staunen, wenn Gott eingreift.
Denn dein ist das Reich, die Kraft und die Herrlichkeit
Gott hat die Herrschaft, die Erde und die Zukunft gehören ihm. Hier bekennen wir, dass alle Mächte und Möchtegern-Machthaber an ihre absolute Grenze kommen – gerade heute eine wichtige Perspektive.