Gott im Milieu

Verstehen, wie der Andere tickt

Christen in Europa müssen neu lernen, missionarisch zu denken. Das forderte Prof. Dr. Heinzpeter Hempelmann auf einem Studientag des Theologischen Seminars St. Chrischona. Unter dem Motto «Gott im Milieu» beschäftigten sich Studenten, Dozenten und Gemeindemitglieder mit der Frage: «Wie 'ticken' die Menschen, die wir mit dem Evangelium erreichen wollen?»

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Ein Teilnehmer des tsc-Studientag zum Motto «Gott im Milieu» mit einer Grafik der Sinus-Milieus.
Wenn Prof. Hempelmann darüber spricht, wie Kirche wieder relevant werden kann, wird er sehr praktisch. «Warum nicht Manager zum Essen in ein Fünfsternehotel einladen und dort mit ihnen über den Glauben sprechen? In das heruntergekommene Gemeindehaus würden sie doch nie kommen», sagt er. Hempelmanns Botschaft: Christen müssen im postchristlichen Europa wieder anfangen, missionarisch zu denken. «Wenn wir nicht lernen, die Menschen in unserer Umgebung besser zu verstehen und auf sie zuzugehen, erreichen wir sie nie», sagt der Professor für Systematische Theologie der Evangelischen Hochschule Tabor.

Menschen ticken ganz unterschiedlich

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Prof. Dr. Heinzpeter Hempelmann
Die grosse Herausforderung: Menschen in Europa ticken immer unterschiedlicher. Das machte Prof. Hempelmann auf dem tsc-Studientag anhand der Sinus-Milieu-Studie deutlich. Sie unterscheidet insgesamt zehn Gruppen Gleichgesinnter, die sich von den anderen fundamental unterscheiden. Diese Milieus reichen von «konservativ-etabliert» über «sozialökologisch» bis «hedonistisch».

Ursprünglich zu Marktforschungszwecken entwickelt, können Sinus-Studien mittlerweile auch Gemeinden dienen, ihr soziales Umfeld besser zu verstehen. Bisher erscheint das Interesse an fremden Lebenswelten jedoch eher gering. «Es ist erschreckend: Die meisten Menschen verstehen nicht, wie Leute ausserhalb ihres Milieus ticken», so Hempelmann.

Kirche erreicht nur drei von zehn Milieus

Vielen Gemeinden attestiert Prof. Hempelmann eine regelrechte Blindheit für fremde Lebenswelten. «Wenn ich beispielsweise Schilder mit der Aufschrift 'Gottesdienst um 10 Uhr' lese, dann ärgere ich mich richtig.» 40 Prozent der Erwerbstätigen seien heute am Wochenende im Einsatz, so Hempelmann. Der Befund einer Sinus-Kirchenstudie im Auftrag der Evangelischen Kirchen in Baden und Württemberg beunruhige zusätzlich: «Nur drei bis vier Milieus werden dort von der Kirche wirklich erreicht», sagt Hempelmann. Der Theologe forderte in seinem Referat, sich nicht damit zufrieden zu geben, nur einen Teil der Gesellschaft zu erreichen.

«Mich hat der Studientag in der Frage, wie ich einmal Gemeindearbeit machen möchte, weitergebracht», sagt Theologiestudent Lukas Hauser. Die detaillierte Analyse verschiedener Denk- und Lebenswelten habe ihn für die Unterschiede innerhalb der Gesellschaft sensibilisiert. tsc-Dozent Dr. Andreas Loos will ein grösseres Augenmerk auf die «Exegese der Gesellschaft legen». «Nur so können wir ein tieferes Verständnis für die verschiedenen Lebenswelten entwickeln und lernen, Brücken zwischen Menschen und dem Evangelium zu bauen», so Dr. Loos.

Webseite:
TSC Chrischona

Zum Thema:
Gesellschaftlicher Wandel: Milieu-Missionare gesucht 
Die Kirche und die Megatrends III: Der Trend zur freien Wahl des Milieus
Junge auf dem Absprung: Von der «Seniorenkirche» zur «Jugendkirche» - aber wie?

Datum: 05.05.2014
Autor: Matthias Mockler
Quelle: Livenet

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