Soziologische Studie

Mega-Gottesdienste wirken berauschend

Gottesdienste in US-amerikanischen Mega-Kirchen wirken auf die Besucher ähnlich wie eine «gute Droge». Zu diesem Ergebnis kommt eine Studie des Soziologen James Wellman von der «University of Washington» in Seattle.

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Emotionen in der Megakirche.
1200 protestantische Mega-Kirchen mit jeweils mehr als 2000 Gemeindemitgliedern hätten den «religiösen Markt» aufgerollt, stellt Wellmann fest. Zwölf der Kirchen hat er mit seinen Kollegen untersucht, Gottesdienste analysiert und Teilnehmer interviewt.

Mega-Kirchen verstehen

«Die Mitgliedschaft in einer Mega-Kirche ist die am weitesten verbreitete Art, mit der Christen in den USA Gott die Ehre geben», so Wellman. «Deshalb sollte man diese Kirchen verstehen.» Als Mega-Gemeinden gelten solche mit mehr als 2000 Gottesdienstbesuchern. Die meisten dieser Gemeinden sind evangelikal geprägt. Die grösste, die Lakewood-Church in Houston, hat wöchentlich über 40’000 Gottesdienstbesucher. Wellman: «Wenn man in solche Gottesdienste kommt, sieht man lachende Menschen, Besucher, die in den Gängen tanzen. Diese Erfahrung ungekünstelter Freude beobachten wir in Mega-Kirchen überall. Deshalb sagen wir, die Gottesdienste wirken wie eine Droge.»

Allerdings spricht Wellman von einer «guten Droge», da moralische Leitlinien vermittelt würden, etwa ein anständiger Mensch zu sein, sich um seine Familie zu kümmern, sowie seinen Feinden und sich selbst zu vergeben. Die Teilnehmer kämen auf der Suche nach emotionaler Energie zum Gottesdienst. Während des Rituals badeten sie im Gefühl von Zugehörigkeit und Liebe, weil Tausende andere gleichzeitig so empfinden.

Emotionen und Hormone

Die Soziologen vermuten, dass die Gottesdienste wie eine Art Hormoncocktail wirken. Hauptbestandteil sei dabei der Bindungsbotenstoff Oxytocin, der im Gehirn freigesetzt werde. Die moderne Technik vieler Mega-Gemeinden würden das unterstützen. «Laute Musik und Kameras, die die Bilder lachender, tanzender, singender oder weinender Menschen auf riesige Leinwände projizieren, berühren die Gottesdienstbesucher auf einer emotionalen Ebene.»

«Oberflächliche Predigten»

Der Pastor sei in den Gottesdiensten eine Art Star, von dem Energie ausgehe. Allerdings seien die Predigten weder analytisch noch theologisch tiefgründig. Dennoch sagte ein Grossteil der Befragten, er fühle sich nach den Predigten einfach gut. Das unterscheidet die Mega-Gemeinden nach Ansicht Wellmans von «den nüchternen, urteilenden und puritanischen Versammlungen vergangener Zeiten».

Die Mega-Gemeinden seien eine «neue Mischform des Christentums», die sich von allen «traditionellen Institutionen unterscheiden, die wir mit dem Christentum verbinden», so Wellman.

Zum Thema:
«Megakirchen sind zukunftsfähig»
Mega-Gemeinden im Umbruch
Was die Megachurches (nicht) leisten

Datum: 24.08.2012
Quelle: Livenet / idea.de

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