Ernst Knupp

«Gottes Spuren siehst du erst im Rückblick»

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Ernst Knupp (Bild: feg.ch)
«Die Stami St. Gallen wurde für mich gebaut!» Bei diesem Satz geht ein Schmunzeln über das Gesicht von Ernst, wie öfters in unserem fast zweistündigen Interview. «Das ist natürlich übertrieben», meint er in seinem sympathischen Ostschweizer Dialekt.

Ein lebensfroher, feinfühliger Mensch sitzt mir gegenüber. Wer seine Geschichte kennt, weiss um die Bedeutung dieses Satzes.

Ernst Knupp, Jahrgang 1965, arbeitet damals als Verwaltungsdirektor im Ostschweizer Kinderspital St. Gallen. Sein Arbeitsweg führt ihn jeden Tag am neuen Gebäude der Stami St. Gallen vorbei. Dass er und seine Frau einmal Mitglied der Stami sein und aktiv am Gemeindeleben teilhaben werden, kann er sich damals nicht vorstellen.

Die gläubige Schwester

«Gottes Spuren siehst du erst im Rückblick», sinniert Ernst. Aufgewachsen ist er im «Wilden Westen», so nennt man in Herisau die Gegend, wo die Eltern ein Appenzeller Stöckli hatten. Er hat noch drei Schwestern, die aber deutlich älter sind als er und so wächst er eigentlich als Einzelkind auf. «Es gibt Prägungen, die sich durch mein ganzes Leben ziehen, meint er. Zum Beispiel, dass ich ein Nachzügler bin, oder meinen guten Zugang zu älteren Menschen.» Denn der Vater von Ernst ist 54 und die Mutter 43, als er auf die Welt kommt.

Dass der Vater Gottlieb geheissen hat und viel Gotthelf gelesen hat, fällt ihm ein. Und dass Religion im Hause Knupp keine ausgesprochene Rolle gespielt hat. Das ändert sich auch nicht, als seine jüngste Schwester Dora sich für Jesus entscheidet. «Dadurch wurde sie zur Exotin in unserer Familie. Ich habe sie zwar bewundert in ihrer Standfestigkeit und habe ihren Glauben nicht belächelt, aber es hat nichts offensichtlich Entscheidendes ausgelöst.»

«Ich war Gott gegenüber nicht abgeneigt und immer wieder hatte ich – rückblickend – so kleine Begegnungen mit ihm.» So feuert er eines Tages Mitte der neunziger Jahre seinen Kachelofen ein und hält plötzlich das «Vater unser» in den Händen. «Ich konnte das Gebet nicht mehr auswendig aufsagen und das hat mich schon nachdenklich gemacht.» Aber es sollten noch Jahre vergehen, bis Gott die Hauptrolle in seinem Leben übernehmen würde.

Immer wieder der Kopf

Als Kind erleidet Ernst eine Gehirnerschütterung und mit 16 Jahren bei einem Verkehrsunfall ein Schädelhirntrauma. Als Erwachsener erlebt er – beginnend mit einem starken Kribbeln im Kopf – eine lange Phase mit Angstzuständen und Panikattacken, während der er mehrere Jahre nicht mehr Auto fahren kann. Die Ärzte können aber nichts feststellen.

Ernst ist ein intelligenter Mensch. Nach der Kanti fängt er mit dem Betriebswirtschaftsstudium an. Dieses bricht er nach sechs Semestern ab und steigt 1991 im Ostschweizer Kinderspital St. Gallen als rechte Hand des Direktors ein. «Ich musste bereits als Kind zu Hause viel helfen – ich weiss, wie man arbeitet!» Und er arbeitet – «viel zu viel», wie er heute rückblickend zugeben muss.

Kein normaler Sonntag

Es ist eigentlich ein normaler Sonntag, dieser 4. Januar 2009. Am Vormittag spielt Ernst mit seinem Sohn Tennis, am Nachmittag findet der Sport im Fernsehen statt. Dario Cologna ist in Top-Form, als Ernst einen heftigen epileptischen Anfall erleidet. In der Neurochirurgie wird ein Hirntumor mit WHO-Grad 2 festgestellt. Die Operation verläuft gut und schon bald kann er seine Arbeit wieder aufnehmen.

Aber bereits 2011 wird in einer Kontrolluntersuchung festgestellt, dass der Tumor wieder wächst. Eine weitere Operation steht an, da schickt ihm eine Freundin eine SMS. «Es gäbe da in Brasilien einen Geistheiler, der schon viele Menschen geheilt habe.» Nach einer kurzen Absprache mit seiner Frau fliegen die beiden nach Brasilien. «In Brasilien wird ganz offen über den Glauben gesprochen, so ganz anders als in der Schweiz.» Der Geistheiler kann Ernst nicht direkt helfen, aber als er im Park des Zentrums auf einer Bank sitzt, vernimmt er eines Mittags eine innere Stimme: «Bist du bereit, mir zu folgen? Schenk deine Liebe einer ganzen Stadt. Dann ist Heilung möglich.» «Ich sah vor meinem inneren Auge das Logo der Stami St. Gallen!»

Auf Wolke sieben

Bevor sie wieder in die Schweiz fliegen, erlebt Ernst in einer Pilgerkirche wie eine erfüllende Liebe seinen Körper durchströmt. «Mir war klar, wenn wir wieder in der Schweiz sind, besuche ich die Stami St. Gallen. Ich sass im Flieger wie auf Wolke sieben!» Am nächsten Sonntag besucht er den ersten Gottesdienst und staunt, wie oft der Name Jesu vorkommt. Er wendet sich Gust Ledergerber zu, dem damaligen Pastor der Stami, und fragt: «Eine Begegnung mit Gott habe ich schon gehabt, aber wer ist Jesus?» Der Pastor bringt ihm Jesus näher und am 5. April 2012 bekehrt sich Ernst. «Es hat mich gedrängt, Nägel mit Köpfen zu machen. Ich wurde Mitglied der Stami und habe mich bei der nächsten Gelegenheit zur Taufe angemeldet.»

Seine Frau Cony öffnet sich nur langsam für den Glauben. Sie denkt, dass ihr Mann früher nur für den Beruf gelebt hat und nun halt das Gleiche mit dem Glauben macht. Aber im Oktober 2016 öffnet auch sie ihr Herz für Jesus.

Not kann die Hoffnung festigen

Vor der Taufe 2012 kommt der Bescheid, dass der Tumor trotz dem Brasilienaufenthalt weitergewachsen und eine erneute Operation unumgänglich ist. Das ist kurzzeitig für Cony und Ernst ein Schock. Als die beiden nach der Hiobsbotschaft auf einem Bänkli im Spitalpark darüber nachdenken, spürt Ernst die Gegenwart Jesu ganz stark. «Jesus machte mir klar, dass er mich an der Hand nimmt und sagt: Ich bin bei Dir und es ist richtig so.» Die erneute Operation verläuft gut.

«Römer Kapitel 5, Vers 3 ist mir zum Schlüsselvers geworden. Gott ruft uns zu, dass eine Not die Hoffnung festigen kann. Ich bin Gust Ledergeber und der Stami sehr dankbar, dass sie eine grosse Offenheit für meine ungewöhnliche Brasilien-Geschichte hatten.» Heute ist Ernst immer noch mit einem kleinen Pensum am Ostschweizer Kinderspital angestellt und ist selbständig tätig, unter anderem im Bereich der beruflichen Vorsorge («guter Zugang zu älteren Menschen») und begleitet schwer kranke und sterbende Menschen in einem Hospiz-Dienst. Und … er ist mit seiner Frau aktiv in der Gemeinde, die für ihn gebaut wurde!

Dieser Artikel erschien zuerst im Magazin von feg.ch.

Zum Thema:
Leben und Glauben: Auf Umwegen zum Retter
Wunder beim Abendmahl: «Der Hirntumor war einfach verschwunden»
Jason Ong: Eigentlich müsste er schon längst tot sein

Datum: 13.01.2022
Autor: Harry Pepelnar
Quelle: feg.ch-Magazin

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