Vineyard Bern

„Ein Daheim für den, der sonst keines hat“

Aus einer Zwölfer-WG, vor 25 Jahren gegründet, ist eine der grössten Gemeinden der Schweiz entstanden. Die Vineyard Bern mit ihren tausend Mitgliedern hat Christen im In-und Ausland zum charismatischen Gemeindebau inspiriert - orientiert an den Werten des Reichs Gottes. Livenet sprach mit dem Gründer und Leiter Martin Bühlmann.

Livenet.ch: Ein Vierteljahrhundert Vineyard-Gemeinde: wenn es sie nicht gäbe, warum müsste man sie heute gründen?
Martin Bühlmann: Unser Beitrag in diesen 25 Jahren ist ein leidenschaftliches, natürliches Christsein gewesen, nicht nur Menschen, die mit Jesus leben, sondern auch für manche, die ihm fern standen. Sie konnten durch diese Natürlichkeit und Leidenschaft Jesus kennenlernen.

Wie leben Sie Natürlichkeit und Leidenschaft?
Leidenschaft kommt aus einer intensiven Liebesbeziehung zu Christus, die sich bei uns sicher in der Anbetung, der Offenheit für den Heiligen Geist äussert. Wir erwarten, dass er auch mit Unterwartetem einbricht. Jesus soll den ersten Platz einnehmen und sein Wille geschehen. Als Leiter der Vineyard Bern habe ich es als sehr entspannend erlebt zu wissen: Jesus ist der Hirte der Gemeinde, nicht ich.

Natürlich und authentisch sein - das hat für mich mit Ehrlichkeit zu tun. Vineyard ist eine Gemeinschaft schwacher Menschen, Leuten mit Grenzen, Menschen, die am Rand gestanden haben. Sie haben durch ein Eingreifen von Jesus Christus ein Potenzial entwickeln können, das sonst undenkbar gewesen wäre.

Wie haben Sie es geschafft, als Gemeinde besonders für solche Menschen dazusein?
Man kann wohl gar nicht sagen, dass wir etwas gemacht haben. Wer Gott wirklich liebt, liebt auch Menschen. Wer von der Liebe von Jesus berührt ist, wer spürt, dass ein neuer Sinn in sein Leben kommt, dass er im Vaterhaus Gottes Wärme und Geborgenheit findet, der kann das nicht für sich behalten. Diese Menschen erleben, dass Gott sie liebt - ihren Schwächen zum Trotz. Wenn wir solche Erfahrungen machen, können wir nicht anders, als zu den schwachen Menschen zu gehen, erfüllt mit Liebe - und nicht mit bestimmten religiösen Erwartungen, denen sie entsprechen sollen. Wir sehen sie als Menschen, die Gott liebt. Was ich erlebt habe, darf wie ein Funken auf sie überspringen. Das gibt ein Daheim für den, der sonst keines hat.
Wenn wir über Jahre hinweg in dieser Liebe treu sind, beginnen die härtesten Herzen weich zu werden. Ich bin überzeugt, dass Gott sich seine Paläste aus den zerbrochenen Mauern von Menschenleben baut.

Teamwork ist der Vineyard wichtig…
Ja, das Bewusstsein, dass keiner in seinen Begabungen und seiner Persönlichkeit Jesus angemessen reflektieren kann, sondern dass es immer mehrere Menschen braucht. Ob in der Leitung oder in einem Dienst - Gott hat immer Teams gebildet. Er ist der Dreieine; er hat die Familie geschaffen. Die Grenzen des Einzelnen werden gesprengt durch die Gemeinschaft. So geht es nur mit Teams. Gott hat das nie anders angelegt.

In der Jubiläumsausgabe Ihrer Zeitschrift ‚erlebt' outen Sie sich als Jünger von John Wimber. Was bedeutete er Ihnen?
John Wimber war, so möchte ich sagen, mein wichtigster geistlicher Vater. Er lebte den Dienst im Reich Gottes in einer Art modellhaft vor, dass ich es von der Schrift her umarmen konnte. Denn er hielt die Balance zwischen einer Erwartung für Gottes Eingreifen und der Bereitschaft - wenn Gott nicht eingreift -, versöhnt zu sein mit ihm und mit Menschen. Er lehrte mich, dass ich nicht abheben soll in meiner geistlichen Berufung, sondern mich auch im Natürlichen verschenken darf, im Einfachen, Sichtbaren. Er wusste mit Misserfolg und Schmerz umzugehen. Seine versöhnte Haltung schloss ein: Leidenschaft für Gott, Liebe zu Menschen, Offenheit für den Heiligen Geist - und nicht enttäuscht zu sein, wenn Dinge sich nicht erfüllen. Das Letzte schützt uns vor Zwangsverhalten. In dem Sinn ist John Wimber für Georgia und mich, für unser Team das wichtigste Vorbild gewesen.

John Wimbers Bereitschaft, von anderen Kirchen zu lernen, war die Folge seiner Ausrichtung auf das Reich Gottes. Er wollte nicht eine möglichst grosse Kirche aufbauen.
Da liegt ein wesentlicher Punkt im Verständnis vom Reich Gottes. Ich glaube, Gemeinden sind etwas Wunderschönes; sie reflektieren einen Aspekt der Person von Jesus. Jede Gemeinde hat Besonderheiten und einen gewissen Auftrag. Aber nicht eine Gemeinschaft oder Bewegung oder Denomination bringt Jesus zum Ausdruck. Sondern die Gesamtheit der Kirchen bringt die Schönheit von Jesus - und seinen Dienst in der Welt - zum Ausdruck. Wer damit nicht mit Dankbarkeit und dem Sehnen nach Einheit umgeht, wird immer auf seinem kleinen Aspekt hocken bleiben. Er wird dadurch begrenzt sein und nicht erleben, wie Gott in diese Welt einbricht, wie Jesus sichtbar wird.

Jesus war für die Armen da - ihr versucht das auch. Wie entwickelt sich dieser Dienst?
Wir sind treu und bauen diakonische Dienste aus, wie es Gott führt. Was wir als Geheimnis entdeckt haben: In einer örtlichen Gemeinde entscheidet nicht die Leitung, einen Dienst zu beginnen. Sondern Menschen beginnen, vom Geist Gottes ergriffen, einen Dienst, und die Leitung stellt sich dahinter. Ein wichtiges Prinzip.
Dutzende, vielleicht Hunderte Gemeinden ganz verschiedener Prägung haben diese Art des Dienens übernommen. Sie lassen sich anstecken. Barmherzigkeit ist nicht mehr einfach ein Thema der Vineyard Bern. Es beschäftigt mehr und mehr Christen im deutschsprachigen Raum.

Vor zwölf Jahren gab die Leitung der Vineyard Bern (damals noch ‚Basileia') dem so genannten Toronto-Segen Raum und liess sich buchstäblich durchschütteln. Haben Sie da Fehler gemacht und später zurückkrebsen müssen?
Nein. In den Manifestationen, bei denen Menschen Gottes Gegenwart körperlich erlebten, mischte sich immer Gottes Wirken mit menschlicher Reaktion. Das habe ich immer wieder deutlich gemacht. Wir haben Manifestationen nie überspitzt gefördert. Ich bin aber überzeugt, dass jene Zeit zahllose Menschen die Vaterliebe Gottes hat erfahren lassen. Sie wurden auch freigesetzt, aus vorgegebenen Rahmenbedingungen herauszutreten.

Ihre Vorstellungen von Gott wurden gesprengt…
Ja, bestimmt. Natürlich haben wir Fehler gemacht. Doch wenn Gott zu wirken beginnt, ist der grösste Fehler des Menschen, dies abzuwürgen. Der zweitgrösste Fehler wäre, alles zuzulassen, ohne korrigierend einzugreifen. Wir haben versucht, ehrlich zu sein, auch bei menschlichen Reaktionen. Wir ermutigten Menschen, sich normal zu verhalten. Aber wir waren und sind heute noch entschlossen, zuzulassen, was der Heilige Geist Gottes wirken will und dort keine Kompromisse zu schliessen.

Bildbericht vom Jubiläumsfest
Bericht über das Vineyard-Trainingsprogramm ‚Jesusmässig!'
Homepage der Vineyard Bern

Datum: 04.11.2006
Autor: Peter Schmid
Quelle: Livenet.ch

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