John Haller

Schwieriger Start – gute Landung

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John Haller
John Haller gehört zu einer zwölfköpfigen Familie aus dem Kanton Zürich. Bis auf eines der Geschwister wuchsen sie alle in Kinderheimen auf. Doch gerade dort fand er schon als Junge zu Jesus und damit Halt im Leben.

Kurz vor Weihnachten 1955 wurde John Haller zusammen mit einer Zwillingsschwester geboren. Allerdings hatte sich die Nabelschnur um seinen Hals gelegt und so die Sauerstoffzufuhr verringert. Als Kleinkind litt er unter epileptischen Anfällen. Er war eines von zehn Geschwistern und wurde schon bald im Sunnemätteli untergebracht, einem Kinderheim der Heilsarmee. Als John im Nachbardorf Bäretswil eingeschult wurde, stellte sich heraus, dass er in der Regelschule überfordert war. «Ich bin Legastheniker», erklärt der 66-Jährige.

Damals kannte man diese Teilleistungsschwäche noch nicht. Deshalb wurde er ins Kinderheim Bühl in Wädenswil gebracht. Dort besuchte er die interne Schule für lernbeeinträchtigte Kinder und absolvierte anschliessend eine zweijährige Attest-Ausbildung zum Landwirt. Er erinnert sich noch gut daran: «Wir hatten Milchkühe, 60 Schweine und 15 Schafe. Einmal durfte ich ein Lämmchen mit der Flasche aufziehen.»

Endlich geliebt werden

Das Wochenende verbrachte er wie seine Geschwister jeweils zu Hause. Doch die Eltern waren überfordert mit ihrer Kinderschar. Das Jüngste gaben sie deshalb zur Adoption frei. Die anderen wurden vom Vater oft geschlagen, die Mutter liess John wissen, dass er wegen seiner Behinderung eine Last sei für sie. Umso glücklicher war der Junge, wenn er mit einer seiner Betreuerinnen Zeit verbringen durfte. Sie schenkte ihm Liebe und Annahme. Immer wieder lud sie Heimkinder zu sich nach Hause ein, wo sie ihnen biblische Geschichten erzählte. «Da lernte ich Jesus kennen und erfuhr, dass ich von ihm gewollt und geliebt bin», betont John mit freudigem Lächeln. «Frau Bösch war wie eine Mutter für mich.»

Selbständig werden

Nach dem Heimaufenthalt lebte John bei einer Familie in Dübendorf und arbeitete in einer Werkstatt. In seiner Freizeit besuchte er die Anlässe der Jungen Kirche. Doch das raue Klima in der Metallwerkstatt belastete den feinfühligen jungen Mann. Sein Vormund suchte deshalb wieder eine Arbeit auf dem Bauernhof für ihn. «Mit Pferden zu arbeiten gefiel mir auch», erzählt John. Aber er geriet in jener Grossfamilie «zwischen Stuhl und Bänke». So durfte John nie Traktor fahren – das war dem Junior vorbehalten. «Wenigstens konnte ich die Jugendgruppe des CVJM im Glockenhof in Zürich besuchen», berichtet John.

Seine Ferien verbrachte er mit anderen jungen Christen beim Skifahren und Wandern oder er reiste auf den Spuren des Paulus durch Griechenland. In der Bauernzeitung suchte er schliesslich selbst eine andere Stelle. Doch der neue Chef spöttelte, wenn er christliche Anlässe besuchte. Gleichzeitig liess er ihn hart arbeiten, weil er wusste, dass John sich nicht wehren würde. Dabei warnte ihn sein Arbeitskollege: «Pass auf vor den Christen, die nutzen dich aus!» 

Kein Kontakt

1977 wechselte John in die Gastronomie nach Regensberg. Nun arbeitete er oft an den Wochenenden, verlor so den Kontakt zu seinen Freunden und pflegte auch die Beziehung zu Jesus nicht mehr gleich wie zuvor. Doch dann fand in Dielsdorf eine Evangelisation von «Jugend mit einer Mission» statt. «Ich spürte, dass ich nun die Chance hatte, zu Jesus zurückzukehren», erzählt er.

In einem Hauskreis fand der damals 22-Jährige wieder geistliche Nahrung. Doch der Druck und die strenge Arbeit im Restaurant, die belastenden Erlebnisse im Elternhaus und heuchlerische Chefs führten dazu, dass John psychisch zusammenbrach. Er wurde zwei Wochen krankgeschrieben. «Damals lernte ich viele Bibelverse auswendig», erinnert er sich. Aus Römer, Kapitel 10, Vers 10 zitiert er die Zusage: «Denn wer mit dem Herzen glaubt, wird gerecht; und wer mit dem Munde bekennt, wird selig.» Das tröstete ihn in seiner Not.

Psychisch krank

Doch mit der Zeit wurden seine Ängste und Depressionen so stark, dass er mit 27 Jahren in eine psychiatrische Klinik eingewiesen werden musste. Ein Jahr lang blieb er dort, wurde psychotherapeutisch und medikamentös behandelt. Dann holte ihn ein gläubiger Bauer zu sich in die Familie, wo er wieder auf dem Hof arbeiten konnte. «Hier durfte ich auch Traktor fahren», strahlt John. Am grossen Gerät stört es nicht, dass er als Nebenwirkung der Psychopharmaka manchmal stark zittert. Das Leben in der Grossfamilie, das Arbeiten mit Tieren, die Jugendgruppe und sein Engagement als Jungscharhelfer in der Freikirche taten ihm gut. Doch dann wollte er selbständiger werden und wechselte in eine betreute Wohngemeinschaft.

Heimat finden

1996 suchte er schliesslich einen Ort, wo er auch im Alter bleiben könnte. Im Diakonenhaus Greifensee wurde er fündig. Wieder arbeitete er in der Landwirtschaft, später in die Weberei und in der Küche. Er führte mit einem Freund zusammen einen eigenen Haushalt innerhalb der Institution und ist künstlerisch tätig. Aus Papierschnipseln hat er schon einige bunte Bilder gestaltet. Er liebt es, Biografien zu lesen oder zu hören, so von Dietrich Bonhoeffer oder Corrie ten Boom. «Hier gibt es einige Christen, mit denen ich mich austauschen kann», erklärt John. Er missioniere nicht bei den anderen Mitbewohnern, er lebe lieber so, dass man erkenne, dass Jesu Liebe ihn erfüllt. Dass er den Sohn Gottes als Freund gefunden hat, mache sein Leben reich. «Ich habe mich auch mit meinem Vater versöhnt», sagt er. «Ohne Jesus wäre das nicht möglich geworden.»

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Zum Thema:
Emma Benoit: Angst, Depressionen und dann der Suizidversuch…
Wir müssen darüber reden: Livenet-Talk: Depression und ihre Auswirkung
Graue Monate: Wie kann man depressiven Menschen zur Seite stehen?

Datum: 25.10.2022
Autor: Mirjam Fisch-Köhler
Quelle: Livenet

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