Die Wirtschaft braucht ein stärkeres Gegenüber, als es heute die Politik ist. Dies sagte der Basler Ethikprofessor Ueli Mäder an einer Veranstaltung der reformierten Basler Kirche zum Thema «Die Macht des Geldes».
Ueli Mäder zitierte damit einen mächtigen Mann der Wirtschaft, den ehemaligen Novartis-Chef Alex Krauer. Gerade wenn die Wirtschaft in der Politik ein starkes Gegenüber habe, seien grössere Freiheiten möglich, sind der Ethiker und der Manager überzeugt. Es brauche Persönlichkeiten, die das Ganze – Politik und Wirtschaft – im Auge haben, bekräftigte Mäder am Donnerstagabend im Basler Zwingli-Haus.
Globalisierte Wirtschaft – regionalisierte Politik
Ähnlich sieht der CEO der Basellandschaftlichen Kantonalbank BLKB, Beat Oberlin, das Problem. «Die Wirtschaft hat sich globalisiert, die Politik hat sich regionalisiert.» Beides drohe weiter auseinanderzudriften. Als Beispiel liessen sich, was Oberlin allerdings nicht tat, Industrielle anführen, die als Politiker die Abschottung der Schweiz vorantreiben, während sie international Geschäfte machen. Demgegenüber plädierte der BLKB-Chef für mehr Respekt zwischen Politikern und Wirtschaftsleuten und für eine Konkordanz: «Alle müssen am gleichen Tisch sitzen». Und gemeinsam die anstehenden Probleme lösen und Zukunftsvisionen entwerfen.
Eine Wirtschaft für die Menschen?
Gesprächsleiter und Industriepfarrer Martin Dürr erinnerte an ein wichtiges Prinzip, das in der jüngeren Entwicklung verloren gegangen ist: «Die Wirtschaft ist für den Menschen da!» Analog zum Wort von Jesus «Der Sabbat ist für den Menschen da.» Heute beanspruche die Wirtschaft das Primat vor der Politik, so Dürr. Und statt um die Befriedigung der Menschen durch die Leistungen der Wirtschaft, gehe es um die Befriedigung der Bedürfnisse der Wirtschaft.
Der Gewerkschaftssekretär vom Verband des Personals öffentlicher Dienste, Matthias Scheurer, hat erfahren: «Die Wirtschaft hat die Politik nicht gern.» Aber: «Die Wirtschaft kann nicht Gerechtigkeit schaffen.» Und er erinnerte daran, dass selbst grosse Freihandelsabkommen heute kaum demokratisch legitimiert sind. Die Politik sei zwar kontrollierbar, nicht aber die Wirtschaft. Diese stehe in der Gefahr, bereits die Jugend mit gekonntem Marketing in ihren Bann zu ziehen, ergänzte Teddy Burckhardt, Vizepräsident des Arbeitgeberverbandes beider Basel. Dabei würden Werte durch Konsum ersetzt.
Kirche soll zu ihren Idealen stehen
Etwas verlegen reagierte die Runde, als Martin Dürr nach der möglichen Rolle der Kirche rund um die Macht des Geldes fragte. Gewerkschaftssekretär Scheurer forderte schliesslich die Kirche auf, nicht eine anonyme, sondern eine bekennende Kirche zu sein, die sich zu ihren Idealen bekennt und sie auch einfordert – ohne Angst vor Austritten.