«Grenzenlose Erwartungen»

Im Gesundheitswesen müssen alle mehr Verantwortung übernehmen

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So darf es nicht weiter gehen. Dies der Tenor im 10-Punkte-Manifest von Dialog-Ethik zum aktuellen Gesundheitswesen. Das System hat sich in viele Widersprüche verwickelt und ist aus ethischer Sicht hoch reformbedürftig.

Im Vorwort zu ihren 10 Thesen und 10 Forderungen schreiben die Autoren des Manifests: «Wir verfügen heute über ein starkes, leistungsfähiges und allen zugängliches Gesundheitswesen. Das medizinische und pflegerische Können hat ein hohes Niveau erreicht. Wir sind, wie keine Generation vor uns, in der Lage, Erkrankungen zuvorzukommen, Krankheiten zu heilen, Leiden zu lindern und das Sterben zu erleichtern. Heilmittel und medizinische Technologie tragen entscheidend dazu bei, unsere Lebensqualität zu verbessern und das Leben insgesamt zu verlängern. Aber gleichzeitig steht das Gesundheitswesen unter andauerndem und starkem Druck – unter einem ökonomischen, einem politischen und einem menschlichen Druck. Unsere Vorstellungen über Gesundheit und unsere Ansprüche ans Gesundheitswesen scheinen keine Grenzen zu kennen.»

Übertherapien und Unterversorgung

Die Autoren plädieren für einen «notwendigen Realismus im Gesundheitswesen». Erste Bedingung dafür sei die «Anerkennung unserer Verletzlichkeit, Sterblichkeit und Abhängigkeit» – bei den Profis im Gesundheitswesen wie auch bei den Patienten. Es gebe eine Anspruchshaltung, die zu unnötigen Untersuchungen und zu Übertherapien führe. Andererseits werde viel Geld und personelle Ressourcen in die hochspezialisierte Medizin gesteckt – auf Kosten von andern Bereichen. Es dürfe nicht darum gehen, Gesunde zu behandeln, sondern den wirklich Kranken eine sinnvolle Behandlung zu gewähren.

Die Autoren vermissen das Setzen von Prioritäten, also die Wahl des echt Sinnvollen und Erträglichen. Die vorhandenen Mittel würden nicht sinnvoll verteilt. Es gebe zuviel Konkurrenzierung statt Solidarität im System. Die Politik stehe vor der Aufgabe, die Prioritäten bei der Zuteilung der Mittel richtig zu setzen. Denn: «Wir benötigen ein solidarisches Gesundheitswesen, das sich an dem Grundsatz einer gleichwertigen medizinischen Versorgung für alle orientiert.»

Das Gesundheitswesen ist kein Markt

Das Gesundheitswesen dürfe nicht mit einem Markt verwechselt werden, heisst es weiter, denn: «Patientinnen und Patienten sind nicht bloss Kunden.» Die Würde und Achtsamkeit gegenüber Patienten werde oft verletzt. Aber auch das Personal leide. Es gebe zuviel Kokurrenzdenken und Einzelkämpfertum. Zudem führe das Tempo der Veränderungen zu Erschöpfung, Übermüdung und Resignation beim Personal. Die Flucht aus dem Beruf und der Abbruch von Ausbildungen nähmen zu.

Die abschliessende Forderung lautet daher: «Alle im Gesundheitswesen Tätigen sollen für die entsprechend ihrer Kompetenz und Aufgabe erbrachten Leistungen Verantwortung übernehmen. Kooperation und Vertrauen sind Grundvoraussetzungen für gutes Handeln in Medizin und Pflege. Aber auch Patientinnen und Patienten tragen Verantwortung für einen massvollen und sinnvollen Umgang mit Ressourcen.»

Die Anerkennung unserer Grenzen: Ein Manifest für das Masshalten im Gesundheitswesen.pdf 
Mehr Infos zum Manifest für das Masshalten im Gesundheitswesen.pdf

Zum Thema:
Erste Kommentare zum Manifest
Transplantationen: Ständerat verwirft Widerspruchslösung
Palliativpflege: Gutes Leben bis zuletzt im Pflegeheim

Datum: 20.03.2014
Autor: Fritz Imhof
Quelle: Livenet

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