«Kirchen können den Gemeinschaftssinn wieder stärken»
Im Jahr 2021 haben in der Schweiz weniger Menschen soziale
Verbundenheit und emotionale Unterstützung anderer erfahren. Zu diesem Ergebnis
kommt der diesjährige Hoffnungsbarometer. Welche Rolle spielen da Christen und
Kirchen?
Das Hoffnungsbarometer ist eine jährliche Studie, welche in
Zusammenarbeit der Universität St. Gallen mit Swissfuture und Swippa entsteht. Dabei werden das Stressempfinden, Bewältigungsstrategien,
persönliches Wachstum und individuelle Einstellungen, sowie die kollektive
Hoffnung der Gesellschaft ermittelt. Dieses Jahr fand die Studie mit über 5500
Personen in der zweiten Novemberhälfte statt.
Über die allgemeine Lebenszufriedenheit bilanziert die
Universität St. Gallen: «Verglichen mit 2020 sind die Menschen in der Schweiz
zwar genauso zufrieden mit ihrem Leben, aber deutlich unzufriedener mit der
Politik, den gesellschaftlichen Trends und der mangelnden Bewältigung der
Covid-19-Pandemie. Die Entwicklung der Wirtschaft wird im 2021 deutlich
positiver bewertet und die Stressbelastung befindet sich auf einem ähnlich
mittelstarken Niveau wie im Vorjahr. Zwischen 15 und 20 Prozent der Bevölkerung
haben stark unter der aktuellen Krise gelitten, vor allem Jugendliche und
alleinstehende Personen.»
Soziale Verbundenheit gesunken
Vor einem Jahr hiess es noch, die Krise mache die Menschen
sozial. Nun sieht es anders aus. Die Hilfsbereitschaft anderen Menschen
gegenüber hat mit 68 Prozent deutlich abgenommen. Zudem gaben mehr als drei
Viertel der Teilnehmenden an, sich von anderen Menschen nicht emotional
unterstützt zu fühlen. Der Drang, gemeinsam die Krise zu meistern und sich
gegenseitig Solidarität zu erweisen, schwindet. Gegenüber der 20 Minuten-Redaktion, die als
Medienpartner an der Auswertung beteiligt war, erklärt Studienautor Andreas Krafft: «Nun ist
dieses Feuer, 'es gemeinsam zu packen', weitgehend erloschen.»
Andreas Krafft
Weiter bilanziert er: «Die
soziale Verbundenheit ist im Vergleich zu den Vorjahren aufgrund der Spaltung
auf ein Allzeittief gesunken.» Im Bericht wird als Grund dafür die Diskussion zur
Covid-Impfung genannt. Die Universität St. Gallen erklärt, dass es signifikante
Unterschiede zwischen den Antworten der Geimpften und Ungeimpften gebe.
Andreas Krafft bedauert diese Entwicklung, da gerade jetzt mehr
Verständnis und Respekt für andere Meinungen gefragt wäre, damit sich weniger
Menschen allein gelassen fühlen. Es brauche nun Verbundenheit und Geborgenheit,
um den Gemeinschaftssinn wiederherzustellen. Eine gute Grundlage dafür wären
offene Kommunikation, gegenseitige Akzeptanz und die Betonung gemeinsamer
Ziele.
Religiosität macht einen Unterschied
In der Umfrage gaben 8,7 Prozent der Befragten an, stark
religiös zu sein. 18,9 Prozent wiesen sich eine mittlere Religiosität zu und
72,4 Prozent gaben an, wenig oder gar nicht religiös zu sein. Mit diesen
Angaben konnte ermittelt werden, dass religiöse Menschen signifikant hoffnungsvoller
sind als weniger religiöse Menschen. Zudem haben religiöse Menschen im Jahr
2021 stärker persönliches Wachstum in allen Kategorien; Wertschätzung des
Lebens, neue Möglichkeiten, spirituelles Wachstum,
zwischenmenschliche Beziehungen und persönliche Stärken, erfahren. Insgesamt
haben sie ein höheres Wohlbefinden, psychologisch wie auch sozial, machen sich jedoch
mehr Sorgen über Nebenwirkungen der Covid-Impfung und sind gegenüber
staatlichen Institutionen kritischer.
Die Aufgabe der Kirchen
Eine repräsentative Studie im Juni zeigte, dass
Freikirchen tatsächlich einen wichtigen gesellschaftlichen Beitrag leisten. Als
Aufgabe der Kirchen und Christen sieht Andreas Krafft darum, «den Zusammenhalt
in der Gesellschaft durch Nächstenliebe und gegenseitige Akzeptanz zu fördern.»
Gegenüber Livenet erklärt er, dass Kirchen keine Partei für oder gegen
Corona-Massnahmen ergreifen dürfen, sondern die Überzeugungen und Anliegen
aller Menschen gleichermassen wertschätzen müssen. «Besonders junge Menschen benötigen
einen Ort, wo sie sich angenommen und geborgen fühlen. Allgemein können Kirchen
den Gemeinschaftssinn wieder stärken. Dies kann erreicht werden, indem die christlichen
Werte der Toleranz, des Respekts, der Offenheit und der Wertschätzung gelebt
werden.
Meghan und Harry sorgten mit einer «Netflix»-Doku für mächtig Wirbel. Die Autorin und «Woman Alive»-Chefredaktorin Tola Doll Fisher machte sich dazu...