Das Bundesgericht hat am 21. Mai beschlossen, den Partner des genetischen Vaters eines homosexuellen Paars nicht anzuerkennen. Das wirft hohe Wellen und bahnt wohl den Weg zur Stiefkindadoption für Homo-Paare. Ist der Trend zum «Everything goes» im Familienrecht zu stoppen? Ein Kommentar von Fritz Imhof.
Das Bundesgericht in Lausanne anerkennt nur den genetischen Vater.
Die Ausgangslage wirkt ziemlich verrückt: Zwei Männer in eingetragener Partnerschaft wollen ein Kind bekommen. Dazu besorgen sie sich das Ei einer unbekannten Spenderin, lassen es vom Samen von einem der beiden Männer befruchten und finden in den USA eine Leihmutter, die das Kind austrägt. Das Ziel ist, dass sie nach der Geburt beide als Väter anerkannt werden, während das Kind auf die genetische und die Leihmutter verzichten muss. Nach längerem Hin und Her zwischen Gerichten sowie dem Bundesamt des Innern und dem Bundesamt für Justiz hat das Bundesgericht entschieden: Obwohl das Kind illegal – durch eine Leihmutter – gezeugt worden ist, dürfen die Männer das Kind behalten, aber nur der genetische Vater wird als Vater anerkannt und zivilrechtlich eingetragen. Die Richter haben sich die Sache nicht leicht gemacht und mit einem Mehrheitsentscheid 3:2 entschieden. Die beiden Männer sind enttäuscht, die Homosexuellen-Organisation «Pink Cross» gibt sich konsterniert. Zu Recht?
Sicher nicht, denn die beiden Männer haben mindestens einen Teilsieg errungen. Streng genommen hätte ihnen das Bundesgericht das Kind wegnehmen müssen, weil es nach Schweizer Recht illegal – durch eine Leihmutter – geboren worden ist. Italien hat in einem ähnlichen Fall dem Männerpaar das Kind weggenommen. Weil das höchste Gericht dies dem Kind, das inzwischen vierjährig ist, nicht antun wollte, stellt es das Kindeswohl über das Gesetz.
Das Kindeswohl als Vorwand für Gleichberechtigung?
Auch in diesem Fall geht es dem Männerpaar und der hinter ihnen stehenden Organisation «Pink Cross» um mehr als das Kindeswohl, nämlich um eine Anerkennung als vollwertiges Elternpaar analog zu verheirateten Elternpaaren mit eigenen Kindern. Schon liegt auf dem Tisch des Parlaments der Antrag des Bundesrates, homosexuellen Paaren die Stiefkindadoption zu erlauben, das heisst der Partner/die Partnerin darf das Kind seines Partners/ihrer Partnerin, das aus einer früheren Beziehung stammt, adoptieren. Skeptiker vermuten, dass die Stiefkindadoption nur eine Vorstufe für eine Volladoption sein wird. Eine Koalition von SP, Grünen, Grünliberalen und der FDP wird jedenfalls die vorliegende Gesetzesänderung unterstützen.
Was gehört zum Kindeswohl?
Wo aber bleiben die Proteste der Anwälte für das Kindeswohl, die – wie im Fall der Babyklappe – darauf pochen, dass jedes Kind seine genetischen Eltern und damit seine Herkunft kennen muss, um sich psychisch gesund entwickeln zu können? Im konkreten Fall wird das Kind bestenfalls seine Leihmutter suchen können, deren Name im Geburtenregister eingetragen ist, nicht aber seine genetische Mutter. Und wird die Leihmutter später an einem Kontakt interessiert sein?
Die Familiengesetzgebung befindet sich auf der Spur des «Everything-goes» im Familienrecht, unterstützt von einflussreichen Juristinnen und Juristen an den Universitäten. Und wohlwollend unterstützt von Medien, welche mit Umfragen den Willen zu Reformen dokumentieren. Wir plädieren für eine Denkpause.
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