«Ein Loverboy ist ein Menschenhändler», betonte Monique Wijngaard in
ihrem Referat vor rund 80 interessierten Besuchern einer Tagung vom Beratungs- und Schulungszentrum Act212.
Wijngaard, Veldmann, Rüegger: Es geht nicht um Liebe, sondern um Abhängigkeit.
Die Polizistin aus
Holland erklärte, dass es sich dabei oft um Männer mit niedrigem
Bildungsniveau zwischen 20 und 25 Jahren handle, die aus Problemfamilien
oder einer Umgebung stammten, in der Kriminalität nicht abgelehnt werde
und Frauen nichts wert seien. So könnten sie benutzt werden, um
eigene Ziele, Status, Macht und Geld zu erreichen, so Wijngaard.
Loverboys seien
sozial geschickt und manipulativ: «Oft suchen sie ihre Opfer in
Internetforen, umgarnen sie und nehmen sie durch Komplimente und teure
Geschenke für sich ein.» Sehr schnell folgten sexuelle Handlungen, auch
mit Freunden des Täters. Mit Fotos davon, die sie über soziale Medien zu
verbreiten oder an die Familie zu schicken drohen, setzen sie die
Mädchen unter Druck. «Die Opfer von Loverboys werden immer jünger. Es
hat Kinder ab 11 Jahren dabei», hielt die holländische Detektivin vom
Team Menschenhandel fest. Jedes Mädchen aus jedem Umfeld könne in ihre
Fänge geraten.
Kindheit ohne Liebe
Psychologin Willianne Veldmann erklärte, dass Betroffene oft keine
normale Kindheit erlebt hätten. «Sie kennen Rituale wie gemeinsames
Essen am Familientisch oder eine Gute-Nacht-Geschichte nicht.»
Vergewaltigungen führten dazu, dass sich die Opfer innerlich abspalteten
und nichts mehr fühlen könnten. So seien sie leicht manipulierbar und
in Prostitution und Drogenhandel einsetzbar. Sie plädiert auf Prävention
durch Sensibilisierung und Information, zum Beispiel in Schulen.
«Die Ermittlungen sind schwierig»
Jurist Peter Rüegger zeigte die Rechtslage in der Schweiz auf und
schilderte, wie schwierig die Ermittlungen sind. «Die Opfer sind
ambivalent, sie reagieren oft nicht so, wie man es erwartet, weisen
Erinnerungslücken auf und können häufig keinen chronologisch korrekten
Ablauf erzählen.»
Sie seien geschickt manipuliert und auf Sex ohne
Gefühle vorbereitet worden. «Opfer kämpfen gegen eigene Unsicherheit und
Zweifel, gegen Scham, gegen Unglauben und für den eigenen Selbstwert
und die Rückkehr in ein selbstbestimmtes Leben!» Dies erfordere eine
sehr sorgfältige Ermittlung zum Schutz der Kinder und Jugendlichen. Die
Polizei sei auf detaillierte Beschreibungen angewiesen. «Bei sogenannten 'Vier-Augen-Delikten' müssen im Resultat die Opfer den Beweis
erbringen», hielt Rüegger fest.
ACT 212 ist ein Beratungs- und Schulungszentrum gegen
Menschenhandel und sexuelle Ausbeutung. Ziel der Organisation ist es,
Opfer zu befreien und weitere zu verhindern. Beobachtungen können an die
Meldestelle gerichtet werden.
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