Gespräch mit Renato Pfeffer

Livenet-Talk mit «Ehe für alle»-Befürworter

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Renato Pfeffer beim Livenet-Talk (Bild: Livenet)
Am 26. September stellt das Schweizer Stimmvolk die Weichen bei der Frage, ob auch homosexuelle Paare heiraten dürfen oder nicht. Zudem geht es um den Zugang zur Samenspende. In zwei Talks liess Livenet Gegner und Befürworter der «Ehe für alle» zu Wort kommen. Diese Woche war mit Renato Pfeffer ein Vertreter der Pro-Seite zu Gast.

Nachdem letzte Woche der Youtube-Bibellehrer und Autor Florian Sondheimer seine Argumente gegen die Vorlage präsentierte (Livenet berichtete), waren nun die Befürworter am Zug. Beide Seiten hatten ähnlich viel Zeit, um die gleichen sechs Fragen zu beantworten.

Love is Love

Die Einladung zum Gespräch im Livenet-Büro nahm schliesslich Renato Pfeffer aus Richterswil an. Er setzt sich als homosexueller Mann und reformierter Theologe für ein Ja zur «Ehe für alle» ein. Pfeffer ist Jugendpfarrer der reformierten Kirche Horgen, Oberrieden und Thalwil und Gemeinderat in Richterswil. Er berichtet zu Beginn des Talks von seinen eigenen Erfahrungen: «Ich kann mich nicht plötzlich entscheiden, mich in eine Frau zu verlieben. Das ist etwas, was in mir drin ist, ob es nun vom Staat anerkannt ist oder nicht.» Die staatliche Regelung sei aber wichtig, wenn es darum geht, wer zusammenbleiben und etwas Gemeinsames aufbauen soll oder darf. Hier plädiert er für eine Gleichbehandlung, die erst mit der «Ehe für alle» gewährleistet sei.

Er kenne einige schwule Männer, die gegen ihre Gefühle und ihre Überzeugung eine Frau geheiratet hätten, berichtet Pfeffer im Livenet-Talk. Diese Ehen hätten vielfach in Scheidungen gemündet und die Kinder hätten stark darunter gelitten. «Mit 'Love is Love' helfen wir, dass es keine solche Familienkonstellationen gibt.»

Das Gesetz der Nächstenliebe

Die Bibel sei für ihn ein sehr wichtiger Massstab, betonte der 36-jährige Theologe. «Die Bibel ist für mich ein Zeugnis des Wortes Gottes.» Deshalb nehme er sie als Ratgeber oder als ethischen Kompass zur Hand. «Die Bibel gibt mir eine ethische Grundhaltung; wie gehe ich mit Gott und wie mit meinen Mitmenschen um?»

Wenn man es auf ein Gesetz herunterbrechen müsste, ist für Renato Pfeffer das Gesetz der Nächstenliebe eine gute Zusammenfassung aller Gesetze: «Liebe den Herrn deinen Gott und liebe deinen Nächsten, wie dich selber» (Matthäus Kapitel 22, Verse 37-39). Vor dem Hintergrund dieses zentralen Jesus-Zitates verstehe er nicht, warum es ein Verbot der Liebe geben soll.

«Ehe ist nicht heilig und ewig»

Bezüglich des Platzes eines heterosexuellen Paares in der Bibel sagt Renato Pfeffer: «Ehe ist nicht heilig und ewig. Das steht nirgends in der Bibel. Es ist etwas, was auf dieser Welt passiert». Auch in der Bibel würden verschiedene Kulturen und Beziehungsformen beschrieben, in denen die Kinder unterschiedlich aufwuchsen. Dabei zählt der Theologe einige biblische Beispiele auf, in denen unter anderem auch die Samenspende eine akzeptierte Fortpflanzungsmethode darstellte.

Das Eheverständnis und wie der Staat damit umgeht habe sich über alle die Jahre immer wieder verändert. «Ein wichtiger Aspekt ist, auf welcher theologischen und ethisch-biblischen Grundlage man die Ehe aufbaut.» Zu diesen Fragen hat Renato Pfeffer ein ausführliches Positionspapier verfasst, in dem er auf die vermeintlichen Verbote der Homosexualität eingeht.

Segnung für alle

Bezüglich Segnung homosexueller Paare vertritt der Zürcher Jugendpfarrer die Meinung der reformierten Kirche. Er selbst habe schon heterosexuelle und homosexuelle Paare gesegnet. Jedem stehe im reformierten Kontext frei, ob er dies machen wolle oder nicht.

Pfeffer sieht hier keine Unterschiede nach Geschlecht. «Jedoch merke ich bei homosexuellen Paaren, dass hier mehr Tiefe ist, da sie vorgängig oft mehr mit Gott gerungen haben.» Die Eheschliessung in der Kirche sei für ihn eine Segnung. Es sind zwei Menschen, unabhängig von Geschlecht, die füreinander einstehen. «Da fühle ich mich nicht in der Lage, sie nicht zu segnen.»

Kinder brauchen Geborgenheit

Im Verlaufe des Gespräch werden auch die Themen Schöpfungsordnung und Fortpflanzung angesprochen. Das Schweizer Volk hat zur Fortpflanzungsabstimmung inklusive Samenspende bereits «Ja» gesagt. Er sei damals dagegen gewesen, so Renato Pfeffer. In der jetzigen Initiave gehe es nun um die Klärung, wer die Samenspende in Anspruch nehmen darf und wer nicht. «Ich bin der Meinung, dass man niemanden aufgrund der sexuellen Orientierung diskriminieren darf.»

Bezüglich dem oft diskutierten Kindeswohl gibt Pfeffer zu bedenken, dass die Bibel nirgends vorschreibe, dass ein Kind eine Mutter und einen Vater brauche. «Es geht darum, dass die Kinder Bezugspersonen brauchen, die ihnen Geborgenheit schenken.»

Sehen Sie sich hier den ganzen Livenet-Talk an:

Das Positionspapier von Renato Pfeffer finden Sie hier

Zum Thema:
Gespräch mit Florian Sondheimer: Livenet-Talk zur «Ehe für alle»
«Ungleichbehandlung aufheben»: Heute haben Befürworter der «Ehe für alle» das Wort
«Ehe für alle»: Und wenn ein Pfarrer Nein sagt?

Datum: 20.08.2021
Autor: Nora Baumgartner
Quelle: Livenet

Kommentare

Man kann es drehen und wenden, wie man will: Wenn man die Bibel als Gottes inspiriertes Wort betrachtet und die biblischen Aussagen zu Mann und Frau, zur Ehe, so wie sie Gott selber den Menschen gegeben hat, zu Vater und Mutter und zur ausgelebten Homosexualität genau liest, wird man die "Ehe für alle" nie befürworten können. Alles andere entspricht dem leider heute immer populäreren Vorgehen, etwas zu wollen und dann die Bibel den eigenen Wünschen oder den gesellschaftlichen Realitäten (einer weitgehend gottlosen Welt) unterzuordnen und anzupassen.
Es mutet seltsam an, wenn ansonsten bibelkritische Kreise u. Kirchen wie die EMK mit bibl. Texten argumentieren, die plötzlich ganz wichtig u. wertvoll werden. Weniger überraschend ist, dass ein homosexueller Pfarrer kein bibl. Hindernis für homosex. Praktiken und Eheschliessungen sieht. Nun, die vorgebrachten Argumente werden zu prüfen sein. Vorab darf man sich aber schon die Frage stellen, warum anscheinend erst jetzt gemerkt wurde, dass es mit den hebr. Texten Unklarheiten geben soll, und warum es die „moderne“ Spielart der festen hs. Beziehung nicht schon in der Antike gegeben haben soll. Die demonstrative Neutralität von Livenet fällt negativ auf. Jeder stehe zu seiner Meinung.
2) Sie widerlegt auch unkorrekte Behauptungen über angeblich unterschiedliche Wortbedeutungen und ihres grammatikalischen Geschlechts. Alles in allem bezeichnet sie Pfeffers Versuch, Lev 18 und 20 auszuhebeln, als konstruiert. Dem Bibeltext müsste fast absichtliche Unklarheit unterstellt werden, wo doch «das Hebräische eine sehr einfache und klare Sprache ist. Gerade, da dies eine seltene Stelle wäre, wo ausdrücklich Homosexualität erlaubt würde, würde man doch erwarten, dass dies dann nicht auch noch so unklar und offen formuliert würde.» Sie schliesst mit grunds. Überlegungen zur These, ob die Ehe nach Paulus nicht mehr primär der Arterhaltung, dem «Einswerden» und der Ergänzung diene.
1) Die Stellungnahme einer Hebräisch-Expertin zu Pfeffers Ausführungen zu Leviticus 18 und 20 liegt mir vor. Grundsätzlich stellt sie richtig fest, dass wenn nur ausführlich aufgezählt werde, mit welchen weiblichen Verwandten man keinen Verkehr haben dürfe, dies nicht heisse, dass dies mit den männlichen erlaubt sei. «Es stellte sich einfach die Frage nicht. Deshalb musste auch die Ehe zwischen zwei Männern nicht explizit verboten werden – das gab es einfach nicht.» Weiter zeigt sie auf, wie Pfeffer über unterschiedliche Formulierungen und Positionierung der «heissen» Verse innerhalb des Abschnitts einfach hinweggeht und quasi Kraut und Rüben mischt.

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