Die meisten von uns essen
jeden Tag zwei bis drei Mahlzeiten, und machen sich nicht allzu viele Gedanken
dazu. Das hat sich aber in letzter Zeit verändert, und auch
unter Christen ist der Trend aufgekommen, nicht mehr einfach alles zu essen.
Barbara Rüegger hat sich dazu Gedanken gemacht.
Die Frage vieler Hausfrauen und
-männer in der Schweiz ist oft: «Was soll ich heute nur kochen?» Die Auswahl
ist gross. Nach was haben wir gerade Lust, was sind unsere Möglichkeiten,
unsere Zeit, sollen wir selber kochen, ins Restaurant oder Take Away? In vielen
Teilen der Welt stellt sich diese Frage nicht, entweder weil sowieso jeden Tag
dasselbe gekocht wird, in Nepal zum Beispiel Dal Bhat (Reis und Linsen), oder
weil es gar keine Auswahl gibt und die Familie froh sein muss, dass noch etwas
zum Kochen da ist und sie nicht hungrig bleiben muss. Es geht nicht darum,
was gegessen wird, sondern ob überhaupt etwas Essbares vorhanden oder nicht.
Ich habe mehrere Jahre in Indien
gelebt, oft zweimal täglich Reis, Linsen und ein Gemüsecurry gegessen, und
manchmal noch etwas Huhn oder Fisch. Damit haben wir zu den Privilegierten
gehört. Unsere Freunde, die Kinder, welche unter der Brücke lebten, waren schon
froh, wenn sie Mehl hatten, um daraus Chapati (ein Fladenbrot) zu backen, das
billiger war als Reis. Essen wird in diesen Ländern als Notwendigkeit gesehen
und man ist froh, wenn man die täglichen Mahlzeiten bekommt. Was man isst, wird
zur Nebensache.
Die Suche nach der besten
Ernährung
Barbara Rüegger
In den letzten Jahren sind
Schlagwörter wie Laktose- oder Glutenfreie Ernährung, Vegetarismus oder
Veganismus immer mehr zu hören. Man verzichtet auf Laktose oder Gluten auch
ohne irgendwelche Unverträglichkeiten zu haben, weil man glaubt, dass es
gesünder sei. Man isst kein Fleisch mehr, weil man nicht will, dass Tiere
sterben, man die Umwelt schonen will, man etwas tun will gegen den Welthunger,
weil es gesünder ist, oder weil man gegen Übergewicht kämpft. Und obwohl es
sicher allen, inklusive der Umwelt, guttun würde, wenn wir weniger Fleisch verzehren,
haben tierische Eiweisse in der Form von Fleisch oder Milchprodukten in der
Menschheitsgeschichte immer zur Ernährung gehört.
In den letzten Jahren wurden die
Forderungen nach einer vegetarischen oder gar veganen Ernährung mit immer mehr
Vehemenz vorgetragen und nahm manchmal auch unter Christen schon fast
pseudo-religiöse Züge an. Es geht ja nicht darum, jemandem vorzuschreiben, was
er essen darf oder was nicht, oder jemandem zu verbieten, auf eine gewisse
Ernährung umzustellen, aber wenn die Frage nach der richtigen Ernährung und die
Beschäftigung damit immer mehr Zeit in Anspruch nimmt, frage ich mich, ob das
wirklich angebracht ist. Die Fixation auf eine bestimmte Ernährungsweise kann
auch Freundschaften behindern, wenn die Forderung im Raum steht: Wenn ich zu
dir zu Besuche komme, musst du meinen Essenswünschen entsprechen.
Ein Luxusproblem – und ein
Lösungsansatz
Aber was mich wohl am meisten
beschäftigt, ist das Bewusstsein, dass die Frage nach meiner Ernährungsweise
ein echtes Luxusproblem ist. Nur in einer satten, reichen Welt können wir
wählen, was wir essen wollen. Wenn man um sein täglich Brot bangen muss, ist
das Problem um die Frage der Ernährungsart völlig nebensächlich – und bekämpft den
Welthunger ja auch nicht.
In meiner Zeit in Indien habe
ich oft über Wochen fast vegetarisch gelebt und in meiner WG-Zeit war das Essen
oft nur mehr oder weniger geniessbar, aber immer habe ich mein tägliches Brot
erhalten und musste nicht hungern. Damit gehöre ich zu einer absolut
privilegierten Gruppe der Menschheit und möchte daher, so wie Gott uns in der
Bibel sagt, alles mit Danksagung annehmen, inklusive mein Essen, mein tägliches
Brot, egal was mir vorgesetzt wird. Den Hunger in der Welt bekämpfe ich eher
damit, dass ich fair hergestellte Nahrungsmittel kaufe, welche den lokalen
Herstellern, egal in welchem Land, ein gerechtes Einkommen für sie und ihre
Kinder ermöglichen.
Sachbezogene Kommentare zu diesem Text sind erwünscht, wir bitten
aber, auf persönliche Angriffe gegen unsere Autorinnen und Autoren zu
verzichten.
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