Vom Schock bis zur Neuorientierung

Christen und der Umgang mit Sterben und Tod

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Jörg Schori ist Coach, Paar- und Familientherapeut, Seelsorger und Berater. Lesen Sie seinen Artikel über den gesunden Umgang mit Sterben und Tod.

Sterbenskrank sein oder einen sterbenden Angehörigen zu begleiten ist in der heutigen Zeit auch für überzeugte Christen sehr schwer. Gründe dafür sind einerseits, dass das Thema Tod gesellschaftlich tabuisiert und weg vom Alltag in die Alterszentren abgeschoben wird. Andererseits versuchen wir, das Leben stetig mit allen möglichen medizinischen Mitteln, Kuren und Aktivitäten zu verlängern. Die zunehmende Betonung auf Heilungswunder bei Sterbenskranken könnte eine «christliche» Ausprägung dieser Bemühung sein, den Tod möglichst auszugrenzen.

Wie ging Jesus damit um?

An Jesus Mass zu nehmen im Blick auf den Umgang mit Krankheit, Sterben und Tod, kann nicht falsch sein. Jesus wusste, dass sein Tod früh und furchtbar sein würde. Als der Schrecken des Todes unmittelbar vor ihm stand, betete er drei Mal: «Vater, wenn es möglich ist, lass dieses Leiden an mir vorüberziehen. Aber dein Wille geschehe, nicht meiner.» Wir erkennen bei Jesus kein Verharren im Schock und kein Abwehren um jeden Preis.

Immer wieder reagieren Christen ganz anders. Da heisst es dann: «Gott wird den Tod nicht zulassen, er kann und wird Wunder tun!» Schnell sind die entsprechenden Bibelstellen zu Hand, einige passende Aussagen von bekannten Christen zitiert, und fertig ist der religiöse Verdrängungszement. Eine hochgefährliche Mischung. Auf einer unbewussten Ebene vermeiden es die Betroffenen, sich konstruktiv mit dem drohenden Verlust auseinanderzusetzen. Damit ist eine gesunde Verarbeitung der Krise unmöglich!

Setze ein Glaubensbekenntnis

Christen hilft es, eine ausgewogene Überzeugung im Blick auf Gott, Sterben und Tod zu haben. Darum der Vorschlag eines Glaubensbekenntnisses:

  • Wir bekennen, dass das Evangelium eine gute Botschaft für Lebende, Trauernde, Sterbende und Tote ist.
  • Wir glauben an einen Gott der Wunder, aber auch an einen Gott des Trostes.
  • Wir glauben, dass das unmittelbare Leben mit ihm in seiner himmlischen Welt erstrebenswerter ist, als das Leben hier auf der Erde.
  • Wir trauen Gott zu, dass er – wenn und wann Er will – jedes Naturgesetz aufheben und jede Todes- oder Krankheitsmacht besiegen kann.
  • Wir glauben, dass ein dreimaliges Gebet genauso gehört und/oder erhört wird, wie ein tausendmaliges.

Die Phasen der Traumaverarbeitung kennen

Vier Phasen werden in der Traumaverarbeitung unterschieden: Schockphase – Reaktionsphase – Bearbeitungsphase und Neuorientierung.

Schockphase:
Die Wirklichkeit wird ferngehalten, äusserlich kann man geordnet erscheinen, doch innerlich ist alles chaotisch.

Reaktionsphase:
Die Konfrontation mit der Wirklichkeit wird unvermeidlich. Dabei wird versucht, diese so verträglich wie möglich zu integrieren, was unter Einsatz verschiedenster Abwehrmechanismen geschieht: Verdrängung, Verleugnung, Rationalisierung der Ereignisse, sozialer Rückzug, etc.

Bearbeitungsphase:
Allmählich löst man sich von Trauma und Vergangenheit, Interessen tauchen wieder auf, Zukunftspläne werden geschmiedet. Während sich die Reaktionsphase relativ scharf von der Schockphase absetzt, gehen Reaktions- und Bearbeitungsphase nicht nur kontinuierlich ineinander über, sondern wechseln einander auch immer wieder ab.

Neuorientierung:
Selbstwertgefühl und Autonomie sind wieder aufgerichtet, neue Beziehungen werden aufgenommen und gehalten, insgesamt wurde Lebenserfahrung gewonnen.

Vorsicht und Behutsamkeit in der Schockphase

Die meisten Fehler werden in der Schock- und in der Reaktionsphase gemacht. Darum will ich auf diese beiden Phasen zu Schluss genauer eingehen:

  • Triff in dieser Zeit keine wichtigen Entscheidungen, wenn das nicht zwingend nötig ist.
  • Gib dir selbst Zeit, mit dem Schock fertig zu werden. Schütte dein Herz vor Gott aus.
  • Nimm dir Zeit, vielleicht mit Hilfe eines seelsorgerlichen Menschen, und gib deinem Inneren Raum.

Annahme und Offenheit in der Reaktionsphase

In der Reaktionsphase geht es darum, die Realität der Krankheit und des nahenden Todes genauso anzunehmen wie die Wirklichkeit der Gegenwart und Liebe Gottes. Dazu einige Hilfen:

  • Von Gott Heilung zu erbitten bei Krankheit oder nahem Tod ist völlig natürlich und angebracht. Allerdings kann es sein, dass Gott das Gebet nicht erhört. Die Kunst liegt darin, einerseits für Heilung zu glauben und andererseits Gott seinen Willen zu lassen.
  • Sei vorsichtig bei Prophetien über Heilung und Wiederherstellung. Besonders wenn sie von Bekannten, Verwandten oder Freunden kommen. Im Angesicht des Leidens und Sterbens bekannter oder befreundeter Menschen ist es für prophetische Menschen extrem schwierig, Gottes Stimme vom eigenen Wunsch zu unterscheiden.

Zum Schluss noch folgende Geschichte: Eine nahe Verwandte meiner Frau starb vor einigen Jahren an Krebs, sie wurde 49. Nach starkem Kampf gegen die Krankheit merkte sie, dass der Tod naht. Wir versammelten uns als ganze Familie um ihr Krankenhausbett. Ein unglaublich bewegender Moment, den ich nie vergessen werde. Wir sagten einander letzte Worte, verabschiedeten uns, übergaben Gott unsere liebe Angehörige im Gebet. Die Anwesenheit des Heiligen Geistes war stark. Wenige Tage später war sie in der Ewigkeit.

Jesus Christus hat für uns die Angst vor dem Tod überwunden. Wir leben, weil Jesus auferstanden ist. Und weil Christus in uns lebt, leben wir, auch wenn wir sterben.

Ungekürzte Version: Umgang mit Sterben.pdf

Webseite:
Jörg Schori

Weiterer Ratgeberartikel von Jörg Schori:
Selbstbefriedigung - was sagt die Bibel wirklich?

Datum: 12.12.2012
Autor: Jörg Schori
Quelle: schori-beratungen.ch

Glaubensfragen & Lebenshilfe

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