Trump will Gesetze ändern

Kirchen sollen Wahlkampf machen dürfen

Der neue US-Präsident Donald Trump hat viele Wähler unter den Christen des Landes für sich gewinnen können. Ein Grund dafür ist, dass er es den Kirchen ermöglichen will, sich künftig an Wahlkämpfen zu beteiligen.

Zoom
Donald Trump
Bisher ist es Religionsgemeinschaften in den USA nicht erlaubt, sich politisch direkt für Kandidaten und Parteien zu engagieren. Dies betrifft nicht nur Glaubensgemeinschaften, sondern alle als gemeinnützig anerkannten Organisationen und Verbände. Die Regelung ist Inhalt der sogenannten Johnson Amendment.

«Ich werde das Johnson Amendment total zerstören»

Auf dem jährlichen Gebetsfrühstück (National Prayer Breakfirst) am 2. Februar in Washington äusserte sich Donald Trump mit folgenden für ihn typisch deutlichen Worten zum Thema: «Ich werde das Johnson Amendment beseitigen und total zerstören. Damit werde ich es den Vertretern der Glaubensgemeinschaften (representatives of faith) ermöglichen, dass sie sich frei und ohne Angst vor Strafe äussern können. Das werde ich tun. Merken Sie sich das.»

Was aber hat es mit dem Johnson Amendment auf sich? Es geht um eine Regelung von 1954, die auf den demokratischen Politiker und späteren Präsidenten Lyndon B. Johnson zurückgeht. Es verbietet allen als gemeinnützig anerkannten Organisationen, sich aktiv in den Wahlkampf einzumischen, also sich für oder gegen einen Kandidaten auszusprechen oder Wahlkampagnen finanziell oder auf anderem Wege zu unterstützen. Organisationen, die dies nicht beachten, müssen damit rechnen, dass sie ihre steuerlichen Vorteile verlieren. Im Kern geht es also um ein Verbot der politischen Werbung.

Christliche Leiter drängen in die Politik

Für etliche christliche Leiter in den USA ist das Versprechen von Donald Trump, das Johnson Amendment zu beseitigen, entscheidend wichtig. Das zeigte sich bereits im Nominierungswahlkampf und im Wahlkampf um die Präsidentschaft. Denn es gibt einige unter ihnen, die sich politisch stärker einmischen wollen und deshalb die gesetzliche Regelung als Fessel ansehen. Für sie widerspricht die Regelung dem Verfassungsgrundsatz der Meinungs- und vor allem der Religionsfreiheit.

Auch Trump argumentierte ähnlich vor den etwa 4'000 Gästen des Gebetsfrühstücks in Washington, in dem er die Freiheit als eine Gabe Gottes bezeichnete. Der Freiheit der Religion laufe die Regelung des Johnson Amendment zuwider. Und so fragt er: «Wie können die Freiheiten einer Nation als sicher gelten, wenn wir die Überzeugung verloren haben, dass diese Freiheiten ein Geschenk Gottes sind?»

Veränderung der politischen Landschaft

Man braucht nicht viel Fantasie, um sich vorzustellen, dass sich Donald Trump und die Republikanische Partei von einer Rücknahme des Johnson Amendments weit reichende politische Vorteile versprechen. Denn viele Christen sind treue Wähler der Republikanischen Partei, weil sie hier ihre Interessen vertreten sehen. Ein Ende der bisherigen Regelung würde bedeuten, dass Gemeinden und deren Spendengelder direkten Einfluss auf die politische Meinungsbildung nehmen könnten.

Es ist schwer einzuschätzen, wie erfolgversprechend das politische Vorhaben ist, das Johnson Amendment aufzuheben. Es gibt durchaus viele republikanische Vertreter in Repräsentantenhaus und im Senat, die dafür stimmen würden; ob die Zahl der Befürworter ausreicht ist keineswegs sicher.

Auch eine Frage der Trennung von Staat und Religion

Und selbst wenn es zu einer Rücknahme des bisherigen Gesetzes käme, würde die Aufhebung des alten Gesetzes beziehungsweise eine neues Gesetz vor dem Obersten Gericht der USA verhandelt werden. Hier hätten die Richter zu entscheiden, ob sich eine neue Regelung mit der grundsätzlichen Trennung von Staat und Religion vereinbaren lässt, die den Kern der Verfassung betrifft und zur gewachsenen politischen Kultur des Landes gehört.

Zum Thema:
US-Präsidentschaftswahlen: «Evangelicals» verhelfen Donald Trump zum Sieg
Sechs überzeugte Christen: «Richtungsweisende Entscheidung» in Trumps Kabinett
Kommentar aus den USA: Trump und die Evangelikalen auf Schmusekurs

Datum: 06.02.2017
Autor: Norbert Abt
Quelle: Livenet

Kommentare

Ich kann mir vorstellen, dass wenn das Johnson Amendment fällt, eine entscheidende Barriere beseitigt ist, die es bis jetzt erschwert hat, religiös motivierte Gesetze zu verabschieden, weil dann bald auch der erste Verfassungszusatz fallen könnte. Christen können sich als Individuen bereits jetzt in den politischen Prozess einbringen. Kirchen sollten dies nicht tun können. Dann könnte eine religiöse Mehrheit einer anderen religiösen oder säkularen Minderheit Gesetze vorschreiben, welche die Glaubens- und Gewissens- und Weltanschauungsfreiheit dieser Minderheit verletzen. Die Trennung von Kirche/Religionsgemeinschaft und Staat schützt alle, auch Christen, vor anderen (übereifrigen) Christen.

Glaubensfragen & Lebenshilfe

Diese Artikel könnten Sie interessieren

Im Iran
Viele Christen versammeln sich jeden Abend im Iran, um gemeinsam Gottesdienst zu feiern und das Abendmahl zu nehmen. Im Vergleich zu einmal pro Monat...
Isaak und Abimelech
Evan Thomas hat über 40 Jahre der Versöhnung zwischen lokalen Nachfolgern Jesu im israelisch-palästinensischen Konflikt gewidmet. Er stellt das...
Neuausrichtung
Vreni Müllhaupt ist in einer Bauernfamilie gross geworden. Dass sie einmal Strassenkinder der peruanischen Hauptstadt Lima aufsuchen würde, hatte sie...
In Mikronesien
Ein Missionsflugdienst leistet humanitäre Hilfe im Inselgebiet Mikronesien. Er nimmt aber auch Passagiere an Bord und breitet das Evangelium aus.

Anzeige