Politmuslime

Salafismus: Ein Steinzeit- und Kunstislam begehrt auf

Im Sinai bauen Salafisten gewaltsam einen islamischen Idealstaat auf. In Tunesien spannen sie mit Al-Kaida zusammen. In beiden Ländern werden sie zur Gefahr für islamistische Regime.

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Behausung im Sinai
Ägyptens Präsident Muhammad Mursi hat eine neue Sorge: Auf der Halbinsel Sinai errichten noch radikalere Politmuslime als seine Bruderschaft einen islamischen Idealstaat im Staat Ägypten. Sie verteidigen diesen mit allen Mitteln und nehmen Geiseln, um sich Lösegeld und politisches Entgegenkommen zu erpressen.

Das hatten die Vorläufer dieser «Salafisten» schon vor 40 Jahren so gemacht. Unter dem Motto «Sühne und Weltflucht» (Takfir wa al-Hidschra) zogen sich in Oberägypten junge Männer in Höhlen am Wüstenrand zurück, um ein ebenso islam- wie naturgemässes Leben zu führen. Als Höhlenmenschen lebten sie einen Steinzeitislam. In ihren religiösen Protest gegen die «verwestlicht-verweltlichte Gesellschaft», zu der sie auch die Muslimbrüder zählten, mischten sich sozialrevolutionäre und ökologische Anliegen.

Die meisten von ihnen waren arme Studenten aus der umweltverschmutzen Grosstadt Kairo. Das ging so lange gut, bis sie begannen, sich Frauen für ihre Höhlenharems zusammenzurauben und sogar den ägyptischen Religionsminister zu entführen. So glitt das Ganze in einen kriminellen Untergrund ab. Dort befindet sich auch ihr heutiger «Staat Allahs» auf dem Sinai.

Gott als Glaubens- und Sittenpolizist

Ähnlich verhält es sich in Tunesien mit den Ansar al-Scharia (Helfer der Scharia). Sie bilden sowohl Stadtguerillas wie Banden an der algerischen Grenze, die mit Al-Kaida zuammenspielen. Auch sie fallen unter die Kategoie der Salafisten.

Allah wird von diesen zu einem Glaubens- und Sittenpolizisten degradiert. Es handelt sich um einen rigiden – wir würden heute sagen «geklonten» – Islam. Das ist bei den radikalen islamischen Strömungen der Gegenwart auch der Unterschied zwischen Wahhabiten und Salafisten. Die Richtung Abdel Wahhabs aus dem 18. Jahrhundert, die heute islamische Staatskonfession von Saudi-Arabien ist, bildet eine neuzeitliche Ausprägung der besonders strengen islamischen Rechtsschule von Ibn Hanbal und Ibn Taamiya. Der Salafismus hingegen hat unter vorgeblicher Berufung auf urislamische, aber ziemlich hypothetische Gegebenheiten einen Kunstislam geschaffen, der mehr und mehr jede Verbindung zu Menschlichkeit und Realität verliert. Im Namen der frühen Jünger von Mohammed, den «Salafa», wird brutale Gewalt praktiziert und glorifiziert.

Zum Thema:
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Datum: 21.05.2013
Autor: Heinz Gstrein
Quelle: Livenet

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