Es
ist Urlaubszeit. Und fast alle schalten einen Gang zurück und haben so etwas
wie Erholung im Blick. Tatsächlich ist auch in der Bibel von solchen
Entspannungsphasen die Rede – manchmal sehr positiv und manchmal mit einem
dicken Fragezeichen. Was sagt die Bibel denn nun zur Erholung?
Das grosse Vorbild für jedes Ausruhen ist übrigens nicht Garfield, der träge Kater, der
seinen Hintern auch im Alltag kaum hochbekommt, sondern tatsächlich Gott
selbst. Nach der grössten Leistung der Geschichte – der Schöpfung von Himmel
und Erde –, findet seine Arbeit ihre Vollendung nicht im nächsten
Arbeitsschritt, sondern in der Ruhe. Im Schöpfungsbericht wird dies so
ausgedrückt: «Und Gott hatte am siebten Tag sein Werk vollendet, das er gemacht
hatte; und er ruhte am siebten Tag von seinem ganzen Werk, das er gemacht
hatte. Und Gott segnete den siebten Tag und heiligte ihn, denn an ihm ruhte er
von seinem ganzen Werk, das Gott schuf, als er es machte» (1. Mose, Kapitel 2,
Vers 2–3).
Verbindliche
Erholung
Die Bibel thematisiert nirgendwo, ob Gott Erholung
brauchte. Trotzdem hält sie fest: der Sabbat ist ein verbindlicher Ruhetag, der
seine Wurzeln bereits in der Schöpfung hat. Und er betrifft nicht nur Gläubige
bzw. Erschöpfte. Er beinhaltet vielmehr eine soziale Verantwortung. Das
biblische Ausruhen gilt nämlich nicht nur für eine privilegierte Oberschicht,
sondern für jede und jeden: «Am siebten Tag ist der Sabbat des HERRN, deines
Gottes; da sollst du kein Werk tun; weder du, noch dein Sohn, noch deine Tochter,
noch dein Knecht, noch deine Magd, noch dein Vieh, noch dein Fremdling, der
innerhalb deiner Tore lebt (2. Mose, Kapitel 20, Vers 10).
Tatsächlich sind Sabbat (Ruhe) und Arbeit inkompatibel. Das wird an vielen
Stellen der Bibel betont: «Er ist ein ewiges Zeichen zwischen mir und den
Kindern Israels; denn in sechs Tagen hat der HERR Himmel und Erde gemacht; aber
am siebten Tag ruhte er und erquickte sich» (2. Mose, Kapitel 31, Vers 17)
– oder mit einer anderen Übersetzung: «Er atmete auf».
Kurz
vor dem Burn-out
Auch der Einsatz für Gott kann anstrengend sein. So
ermahnte Jesus seine Jünger einmal: «Ruht ein wenig», denn «sie hatten nicht einmal
Zeit zum Essen» (Markus, Kapitel 6, Vers 31).
Solch ein Engagement, das über die Kräfte geht, beschreibt auch das Alte
Testament einmal. Der Prophet Elia hatte sich im wahrsten Sinne ausgepowert für
Gott. Er konnte nicht mehr. Und Gott verordnete ihm eine Auszeit, einen Urlaub
inmitten von seinem anstrengenden Dienst (1. Könige, Kapitel 19, Verse 5-8).
Flucht
in den Schlaf
Das Ruhen oder Schlafen kann aber auch eine Flucht
sein, eine Verweigerung der Wirklichkeit. In der schweren Zeit am Ölberg, kurz
vor seiner Verhaftung und Kreuzigung, erlebt Jesus genau dies. Seine Jünger
schlafen ein und begleiten ihn nicht. Die Bibel erzählt davon in Matthäus,
Kapitel 26, Vers 36-46.
Ähnliches berichtet das Buch Jona im Alten Testament. Der Prophet empfängt den
Auftrag, in die Stadt Ninive zu gehen, flieht aber zunächst in die andere
Richtung und schläft auf seiner Flucht – trotz Sturm – auch noch ein (Jona,
Kapitel 1, Vers 5-6).
Den
Seinen gibt's der Herr im Schlaf
Ausruhen ist aber tatsächlich immer wieder ein
positiver Akt. Der Psalmist unterstreicht dies, indem er sagt: «Solches gibt er
seinem Geliebten im Schlaf!» (Psalm 127, Vers 3).
Abraham erfährt einige seiner wegweisenden Begegnungen
mit Gott im Schlaf (1. Mose, Kapitel 15, Vers 12-21).
Sein Enkel Jakob träumt von einer Himmelsleiter, einer direkten Verbindung zu
Gott (1. Mose, Kapitel 28, Vers 10–22).
Immer wieder redet Gott in solchen Zeiten scheinbarer Inaktivität.
Ruhe
bleibt ein wichtiges Ziel
Die protestantische Arbeitsethik beschreibt Arbeit
als den Mittelpunkt des Lebens. Die Bibel dagegen kennt nicht nur diese aktive
Seite. Sie betont immer wieder die Ruhe als Weg oder als Ziel: «Also bleibt dem
Volk Gottes noch eine Sabbatruhe vorbehalten; denn wer in seine Ruhe
eingegangen ist, der ruht auch selbst von seinen Werken, gleichwie Gott von den
seinen. So wollen wir denn eifrig bestrebt sein, in jene Ruhe einzugehen, damit
nicht jemand als ein gleiches Beispiel des Unglaubens zu Fall kommt» (Hebräer,
Kapitel 4, Vers 9-11).
Faulheit
– nein, danke
Die Bibel kennt nicht nur Zeiten der Erholung und
des Nichtstuns – sie unterstreicht sogar deren Wichtigkeit. Begriffe wie
«Urlaub» kommen darin natürlich nicht vor: sie sind erst aus der Idee
erwachsen, dass eine permanente Produktivität weder sinnvoll noch gottgewollt
ist. Doch Ausruhen und Urlaub scheinen genau das zu reflektieren, was der
siebte Schöpfungstag zeigt: eine kreative Pause.
Die Bibel macht nur dann ein Fragezeichen daran,
wenn Zeiten des Nichtstuns mit Pausen abwechseln. Dann wird sie sehr deutlich:
«Wie lange willst du liegen bleiben, du Fauler? Wann willst du aufstehen von
deinem Schlaf?» (Sprüche, Kapitel 6, Vers 9).
Ansonsten kennt die Bibel Entspannung nicht nur, sie propagiert geradezu eine
Theologie des Ausruhens.