Am 9. Februar stimmen wir über die Initiative «Abtreibungsfinanzierung ist Privatsache» ab, die gerade unter Christen grossen Rückhalt hat. (Selbst-)kritische Überlegungen dazu von Samuel Ninck, Zentralsekretär des Netzwerks ChristNet.
Die Initiative will Abtreibungen aus dem Leistungskatalog der Krankenkasse streichen. Es wird argumentiert, so könnten die Gesundheitskosten gedämpft werden. Bei jährlichen Gesundheitskosten von 64,6 Milliarden Franken (2011) entsprechen die Abtreibungskosten von zirka 20 Millionen einem Anteil von 0,03% oder einem Prämienrückgang von CHF 1.50 pro Jahr… Offenbar sind die Kosten nicht das grundlegende Anliegen dieser Initiative.
Hinzu kommt, dass in der betroffenen Altersgruppe (20 - 45-Jährige) viele Frauen wohl eine Krankenversicherung mit hoher Franchise wählen und die 800-1500 Franken, die eine Abtreibung kostet, bereits heute selber bezahlen. Leider stimmt die Behauptung der Initianten auch nicht, mit der Annahme der Initiative müssten wir keine Abtreibungen mehr mitfinanzieren. Die Privathaushalte kommen nämlich via Krankenkassen nur gerade für 25% der gesamten Gesundheitskosten auf. Via Bundes- und Kantonssteuern werden wir uns in jedem Fall weiterhin an den Abtreibungskosten beteiligen.
Laut Peter Föhn, dem Vater der Initiative, ist ihr wahres Anliegen, ein Zeichen zu setzen: Wer Abtreibung als Mord empfindet, sollte nicht an deren Finanzierung beteiligt sein. Ich kann dieses Anliegen verstehen. Auch ich sehe Abtreibung als das Töten menschlichen Lebens. Nur haben wir oben gesehen, dass die Initiative diesem Anliegen nicht gerecht wird.
Komplizen oder solidarisch?
Hier stellt sich eine grundlegendere Frage: Schieben wir mit der Privatisierung der Abtreibungskosten nicht die Verantwortung (oder Schuld) für Abtreibungen einseitig auf die Frauen? Viele Frauen würden ja gar nicht abtreiben, wenn sie genügend Unterstützung aus ihrem Umfeld hätten. Oft ist Abtreibung auch die Folge einer solidaritätsschwachen Gesellschaft, in der Familienpolitik kleingeschrieben wird und Frauen (oder Paare) in der vielleicht wichtigsten Frage ihres Lebens alleine gelassen werden. Die Initiative lässt die Frauen nun auch noch finanziell alleine und bietet ihnen keine echte Alternative.
Das Initiativkomitee schreibt in seinem Freundesbrief, die Initiativgegner machten sich zu Komplizen von Abtreibungen. Wie wir gesehen haben, sind wir alle «Komplizen» – mit oder ohne Initiative. Als Teil unserer Gesellschaft sind wir mitverantwortlich dafür, was bei uns geschieht. Sollen wir Christen, die wir doch mit Haut und Haaren «in der Welt sind», wirklich so tun, als ob wir an diesem Punkt (finanziell) unbeteiligt wären?