Rentenreform

Plädoyer für eine Neubesinnung unter der Bundeshauskuppel

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Am Sonntag ist das Reformwerk zur Altersvorsorge in der Schweiz in der Volksabstimmung gescheitert. Es zeigte sich deutlich: Die Demokratie lebt von Tugenden, die sie selbst nicht hervorbringen kann.

Die Reformvorlage, an der sich Regierung und Parlament sechs Jahre lang abgemüht haben, ist wohl an zwei Hauptfaktoren gescheitert: Zum einen an der Links-Rechts-Polarisierung im Parlament. Die Rentenreform galt für Bürgerliche als Produkt der Linken. Insbesondere die bescheidene Rentenerhöhung für AHV-Neurentner von 70 Franken hat sie massiv gestört. Sie wurde zur ideologischen Frage hochstilisiert: Mehr Staat versus mehr Privatinitiative. Obwohl die Pensionskassen kaum mehr wissen, wie sie die hunderten Milliarden zins- und gewinnbringend anlegen sollen, baut die bürgerliche Politik lieber dieses Modell aus. Sie haben daher die Reform erfolgreich bekämpft, ohne eine wirkliche Ahnung zu haben, wie eine neue mehrheitsfähige Vorlage aussehen könnte. Zudem hatte mancher bürgerliche Politiker nach der Versenkung der Unternehmenssteuerreform durch die Linke wohl noch eine Rechnung offen.

Kurzfristig (fast) jeder ein Verlierer

Für die Stimmbevölkerung sah das ganze noch etwas anders aus. Da war kaum einer, der nicht kurz- oder langfristig den einen oder andern Nachteil hätte gewärtigen müssen. Dass dennoch knapp die Hälfte für die Reform gestimmt hat, ist von daher gesehen erstaunlich. Es brauchte Weitblick, um die negativen Konsequenzen wie niedrigere BVG-Rente, höhere Beitragssätze, höheres AHV-Alter für Frauen und höhere Mehrwertsteuern in Kauf zu nehmen. Der Schreibende wäre zum Beispiel als Selbständigerwerbender im AHV-Alter von höheren AHV-Beiträgen betroffen gewesen, weil der Einkommensfreibetrag für AHV-Beiträge gestrichen werden sollte. Und er hat dennoch Ja gestimmt.

Ohne Neubesinnung kommen wir nicht weiter

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Livenet-Redaktor Fritz Imhof
Die Schweizer Demokratie ist jetzt gefordert. Oder ist sie schon überfordert? Es braucht Mehrheiten für Vorlagen, die den Leuten wehtun, weil sie mit Kosten oder Verlusten verbunden sind – im Interesse der langfristigen Zukunft des Landes. Hier müssen sich gewisse politische Kräfte auf die Brust schlagen. Statt knallhart eigene Interessen und Positionen zu vertreten, müssen sie jetzt zeigen, dass sie sich wieder zu Kompromissen durchringen können und diese im Abstimmungskampf unterstützen, statt penibel auf alle möglichen echten oder vermeintlichen Mängel zu pochen.

Es braucht jetzt biblische Werte wie Rücksicht, Nachsicht und den Willen, zugunsten Anderer auch auf Wünsche verzichten zu können. Und es braucht den Verzicht darauf, sich bei jeder Gelegenheit gegenüber der eigenen Wählerschaft zu profilieren. Im Interesse des ganzen Landes und seiner Menschen. Dazu braucht es wohl eine Neubesinnung unter der Bundeshauskuppel.

Zum Thema:
Alleshatseinezeit.ch: Die Weisheit der Alten schätzen lernen
Staat oder privat?: AHV-Initiative – eine Schlacht der Ideologien
Trendsetter Markus Müller: Das Alter neu erfinden

Datum: 25.09.2017
Autor: Fritz Imhof
Quelle: Livenet

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