Zertifikatskontrolle vor einem Event (Bild: Unsplash)
Am 28. November wird erneut über das Covid-19-Gesetz abgestimmt. Der Dachverband Freikirchen.ch spricht hierfür keine Stimmempfehlung aus, jedoch eine Empfehlung zur Stilfrage.
In der Pandemiezeit war der Dachverband Freikirchen.ch immer Teil der Lösung zur Pandemiebekämpfung. Mit AHAL und dem Schutzkonzept haben die Freikirchen eine einfache und wirksame Strategie umgesetzt, damit es zu keinen Ansteckungsclustern kam.
Der Dachverband Freikirchen.ch hat JA zur Pandemiebekämpfung, JA zur Impfung und NEIN zur
Zertifikatspflicht für Frei-/Kirchen gesagt. Am 28. November steht eine weitere Abstimmung zum Covid-19-Gesetz an. Der Dachverband Freikirchen.ch nimmt mit diesem Kurz-Argumentarium Stellung zur Abstimmung und zu Stilfragen. Freikirchen.ch gibt keine Abstimmungsempfehlung ab, aber eine Empfehlung
zu Fragen des Stils.
Ausgangslage der Covid-19-Abstimmung
Das Parlament hat am 25. September 2020 als
Grundlage der Pandemiebekämpfung das Covid-19-Gesetz beschlossen und umgehend in Kraft gesetzt. Für die Pandemiebekämpfung musste der
Bundesrat situativ entscheiden und laufend neue
gesetzliche Grundlagen schaffen. Der Dachverband
Freikirchen.ch hat nicht grundsätzlich Schwierigkeiten mit dem Covid-Gesetz, sondern mit den Änderungen am Covid-19-Gesetz vom 19. März 2021.
Gegen diese Änderungen wurde das Referendum
ergriffen. Das Schweizer Stimmvolk befindet am
28. November 2021 darüber.
Inhaltlich wird über mehr finanzielle Hilfen für
Branchen, ein schweizweites Contact-Tracing-System, das Covid-Zertifikat, die Befreiung von Quarantäne, Förderung von Tests, wichtige medizinische Güter, politische Rechte und Vorgaben für den
Bundesrat abgestimmt.
Was spricht für ein JA zum Covid-19-Gesetz?
Freikirchen sind immer auch Teil der Gesellschaft
und eines funktionierenden Zusammenlebens. Mit
den Änderungen werden viele Sektoren finanziell
unterstützt, die sonst in arge Finanznöte gekommen wären, so zum Beispiel die Kulturbranche oder
die familienergänzende Kinderbetreuung. Auch
macht die Zertifikatspflicht für Reisen oder gewisse
Freizeitaktivitäten durchaus Sinn.
Mit den Anpassungen gibt es auch Erleichterungen für geimpfte
und genesene Personen. Sie müssen nach einem
Kontakt mit einer positiv getesteten Person nicht
mehr in Quarantäne. Auch können Unterschriften
für Initiativen oder Referenden einfacher gesammelt werden. Der Bundesrat muss die Kantone und
auch Sozialpartner vor Entscheiden stärker einbeziehen.
Was spricht für ein NEIN zum Covid-19-Gesetz?
Die Änderung am Covid-19-Gesetz führen dazu,
dass die strengen Quarantänevorschriften ausschliesslich für Menschen gelten, die sich nicht impfen lassen wollen. Der Schutz von Teilnehmenden
an religiösen Veranstaltungen könnte auch durch
weniger einschneidende Massnahmen als eine Zertifikatspflicht ermöglicht werden. Die Zertifikatspflicht für religiöse Veranstaltungen widerspricht
grundlegenden Rechten der Religionsausübung.
Die Ausweitung der Zertifikatspflicht hat zu einer
Spaltung in der Gesellschaft geführt und die Frei-/Kirchen vor schwierige Umsetzungsfragen gestellt.
Die Ausweitung des Covid-19-Gesetzes führte
dazu, dass die Behörden die Kriterien und Richtwerte für Einschränkungen und Erleichterungen
des wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Lebens
festlegen können. Dies widerspricht einer liberalen
Grundhaltung.
Fazit des Dachverbands Freikirchen.ch
Das Positive an den Covid-19-Gesetzänderungen
ist, dass der Dachverband Freikirchen.ch bei gewissen Fragen auch in die Vernehmlassungsprozesse
eingebunden ist; das Negative daran ist, dass die
Änderung des Covid-19-Gesetzes auch die Grundlage für die Einführung des Covid-Zertifikats für
Freikirchen schafft.
Der Dachverband Freikirchen.ch hat sich mehrmals
gegen die Einführung und Ausweitung der Zertifikatspflicht für religiöse Veranstaltungen ausgesprochen. Aus diesem Grund hat er die «Christian
Public Affairs»-Stelle mandatiert, die Entwicklungen rund um das Covid-Zertifikat und allfällige juristische Schritte im Auge zu behalten. Aktuell sieht
der Dachverband von juristischen Schritten gegen
die Zertifikatspflicht ab (auf Anfrage erläutert dies
Peter Schneeberger gerne näher). Am 28. November 2021 kann die Schweizer Bevölkerung ihr Mitbestimmungsrecht wahrnehmen und sich an der
Abstimmung beteiligen. Diese politische Verantwortung wahrzunehmen, empfiehlt der
Dachverband Freikirchen.ch sehr.
Als Freikirchen sind wir uns bewusst, dass wir nicht
nur für uns selbst verantwortlich sind, sondern
auch füreinander. Unsere Glaubwürdigkeit hängt
auch davon ab, wie die Freikirchen und deren Mitglieder miteinander umgehen. Der Dachverband
Freikirchen.ch hat die ganze Debatte um die Pandemiebekämpfung und die nötigen Massnahmen
immer öffentlich und mit Wertschätzung füreinander geführt. Im Manifest von Bern (Livenet berichtete) hat der Dachverband Freikirchen.ch festgehalten, dass wir uns auf
die Verkündigung der guten Botschaft der Versöhnung durch Jesus Christus in Wort und Tat konzentrieren. Wie in allen politischen Diskussionen gibt es
unterschiedliche Haltungen und Empfehlungen. So
schreibt Christian Haslebacher, Vizepräsident Freikirchen.ch: «Diesen Satz sollten wir alle einüben: 'Sorry, ich habe mich bezüglich Covid geirrt.' – In zehn
Jahren wird klar sein, dass mindestens eine der heute zum Teil vehement vertretenen Überzeugungen zu Covid und der Impfung falsch ist, vielleicht auch diejenige, zu der ich neige. Wir sollten
uns heute ALLE so verhalten, dass wir obigen Satz
ohne grosse Hemmungen sagen könnten. Mit demselben Verhalten würden auch Freundschaften und
kollegiale Beziehungen die Covid-Zeit eher überstehen.»
Es ist richtig und wichtig, sich eine Meinung zu bilden und diese auch engagiert zu vertreten. Der
Dachverband Freikirchen.ch ruft jedoch auf, mit
Demut zu agieren, wie Jesus es uns mit der Fusswaschung vorlebte (Die Bibel in Johannes Kapitel 13, Vers 4-15).
Wir müssten ja notfalls noch zurückrudern können.
Und unsere Gemeinschaft soll die Covid-Zeit überleben können. Der Stil des Dachverbandes Freikirchen.ch ist, dass wir einander die Füsse waschen
und nicht die Köpfe. Das ist die Gemeinschaft, wofür wir einstehen.
Datum:
11.11.2021 Autor: Peter Schneeberger Quelle: freikirchen.ch
Kommentare
Submitted by Martin Zysset on 12. November 2021 - 18:19.
Grundsätzlich ein ausgewogener Artikel, danke! Was dabei aber fast untergeht: Bei Ablehnung der Vorlage drohen erneute Schliessungen von Veranstaltungen inkl. (frei-)kirchliche, und zwar für alle. Wer das besser findet als die Zertifikats-Lösung, soll Nein stimmen. Zudem droht bei einem Nein, dass sehr viele KMUs und andere Sektoren (im Artikel nur 2 Bsp. erwähnt) vor dem finanziellen Kollaps stehen könnten.
Submitted by Piit on 11. November 2021 - 12:50.
Der Ratschlag 'Sorry, ich habe mich bezüglich Covid geirrt.' einzuüben, finde ich sehr gut! Unsere Erkenntnis ist tatsächlich Stückwerk. Wer die Geschichte der gefährlichen Pandemie glaubt, soll sich entsprechend verhalten- ich bin zum Schluss gekommen, dass es eine gefährliche Mischung aus Wahrheit und Lüge und grösstenteils menschengefördert ist. Jeder soll sich gründlich informieren und so handeln, wie es sein Gewissen gebietet.
Submitted by Michael_David on 11. November 2021 - 9:02.
Sehr vernünftiger Beitrag, danke, Herr Schneeberger.
Ich werde wohl wegen den geschilderten Probleme rund um die Zertifikatspflicht und die Einschränkung der Grundrechte (wie z.B. Religionsfreiheit) NEIN stimmen. Es gäbe gerade bezüglich Gottesdiensten deutlich mildere Mittel als die geltende Regel, ohne dass eine Gefahr von vermehrten Ansteckungen besteht (z.B. Beschränkung der Anzahl Personen auf die Hälfte der Saalkapazität, Maskenpflicht und Abstandsregeln).
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