Neun Parteipräsidenten befragt

«Der Bundesrat soll den Armenier-Genozid anerkennen»

Neun Parteipräsidenten befragte die christliche Menschenrechtsorganisation «Christian Solidarity International» (CSI) dazu, ob der Bundesrat den Genozid an den Armeniern von 1915 anerkennen soll. Das Ergebnis der Umfrage fiel eindeutig aus. Auch die Lage im Nahen Osten wurde thematisiert.

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Alle neun befragten Parteipräsidenten fordern, dass der Bundesrat den Armenier-Genozid anerkennt.
Heute geschehen im Nahen Osten Angriffe auf religiöse Minderheiten, die der Papst bereits als «eine Art Genozid» bezeichnet hat. CSI befragte nun die Präsidenten von neun politischen Parteien über ihre Haltung.

1915 – «Türkei muss es einsehen»

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Christian Levrat
«Die SP setzt sich seit Jahren dafür ein, dass der Bundesrat den Genozid von 1915 öffentlich anerkennt», sagt SP-Präsident Christian Levrat. Was die Gegenwart betrifft, müsse die Schweiz «zum Aufbau einer neuen Ordnung mit religiös und ethnisch neutralen Staaten beitragen, welche die Menschenrechte und die Rechte von Minderheiten aller Art respektieren. Zudem muss die Schweiz unmissverständlich gegen jegliche Form von Diskriminierung und Intoleranz aufgrund der Religion und Weltanschauung Stellung nehmen.»

Philipp Müller (FDP) wünscht, «dass die beiden Staaten dereinst ein gemeinsames Verständnis ihrer Vergangenheit entwickeln werden». Und Christoph Darbellay (CVP) weist darauf hin, dass der Nationalrat den Genozid bereits anerkannt hat. «Ich selbst habe anlässlich unserer letzten Delegiertenversammlung Ende April von Genozid gesprochen. Dieser historische Fakt ist mittlerweile so akzeptiert, dass es schon gar keinen Aufschrei mehr gibt.» Die Türkei müsse einsehen, dass sie auf verlorenem Posten stehe.

2015 – «Schutzzonen»

«Um in allen Konfliktregionen helfen zu können und Zugang zu haben, braucht es unparteiische Akteure», sagt SVP-Präsident Toni Brunner. «Der Beitrag der Schweiz zur Verhinderung von Genoziden besteht daher insbesondere darin, sich der umfassenden Neutralität zu besinnen und gute Dienste anzubieten.»

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Toni Brunner
Religionsfreiheit sei ein zentrales Menschenrecht, sagt Christoph Darbellay und «diese Menschenrechte sollen nicht mehr als eine Erfindung des Westens angesehen werden, sondern als eine universelle Errungenschaft, die allen zugute kommt. Auch hierzu kann die Schweiz beitragen.»

Regula Rytz (Grüne) fordert ebenfalls eine Anerkennung des Völkermordes von 1915. Und betreffend heute sollen Schutzzonen errichtet werden und «solange der Krieg und die Kriegsverbrechen weitergehen, muss die Schweiz die humanitäre Hilfe in den Anrainerstaaten verstärken und ein grosses Kontingent von Flüchtlingen aus dieser Region aufnehmen.»

Martin Bäumle (Grünliberale) und Martin Landolt (BDP) fordern ebenfalls, dass der Genozid von 1915 anerkannt wird. Die Schweiz soll zudem besonders betroffene Flüchtlinge aufnehmen, so Martin Bäumle. Und sie soll an der internationalen Entwicklungszusammenarbeit mitwirken, ergänzt Martin Landolt.

«Unrecht beim Namen nennen»

«Zwar engagiert sich die diplomatische Schweiz seit Jahren für eine Verständigung zwischen Ankara und Jerewan. Aber ich bedaure es sehr, dass der Bundesrat auch nach 100 Jahren nicht den Mut aufbringt, den Genozid am armenischen Volk als solchen zu qualifizieren», sagt Marianne Streiff-Feller (EVP). «Aus Angst vor Schwächung der Wirtschaftsbeziehungen den Genozid nicht öffentlich anzuerkennen finde ich falsch. Mir gibt auch sehr zu denken, dass vor 100 Jahren in der Türkei noch rund 25 Prozent Christen lebten, heute nur noch 0,2 Prozent.»

«Der Bundesrat sollte den Genozid an den Armeniern öffentlich anerkennen», verlangt ebenfalls Hans Moser (EDU). Geschichtliche Tatsachen dürfen nicht geleugnet werden. «Unrecht muss beim Namen genannt werden, damit eine Aufarbeitung überhaupt möglich ist. Die Schweiz sollte die verfehlte Leugnungspolitik der türkischen Regierung nicht durch ein Schweigen der falschen Toleranz unterstützen.»

«Bedrohte Minderheiten unterstützen»

Der Bundesrat fordere, dass Staaten, in welchen extremistische Gruppierungen Attentate und Massaker gegen Christen und andere Minderheiten verüben, alles unternehmen, um solche Taten zu verhindern und die Verantwortlichen vor Gericht zu bringen, erläutert Marianne Streiff-Feller. «Religionsfreiheit und Minderheitenrechte seien eine Priorität der schweizerischen Menschenrechtspolitik und zwar auf multilateraler wie auch auf bilateraler Ebene. Um dem Nachdruck zu geben, verlangte ich vom Bundesrat in einer Motion, dass er bei bilateralen Gesprächen das Thema 'Religionsfreiheit und Umgang mit Minderheiten' immer auf der Traktandenliste hat. Ich werde mich weiterhin dafür einsetzen, dass dem genügend Gewicht beigemessen wird.»

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Hans Moser, Präsident EDU Schweiz.
Hans Moser ist zudem wichtig, dass die bedrohten Minderheiten unterstützt werden. «Bei internationaler Finanzhilfe soll sichergestellt werden, dass diese auch zu den am härtesten betroffenen Minderheiten fliesst und nicht in den Händen einer Zentralregierung bleibt. Die Schweiz soll zudem angrenzende Länder und Regionen unterstützen, welche die Hauptlast der Flüchtlinge zu tragen haben. Zudem soll der Bundesrat Druck auf die Türkei ausüben, welche das Wirken des IS bisher faktisch geduldet und die kurdischen Milizen behindert hat.»

Zum Thema:
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Datum: 18.08.2015
Autor: Daniel Gerber
Quelle: Livenet / CSI

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