Als Kind bekam Dalton Thomas mit, was Saddam Hussein den Kurden angetan hatte. Das machte ihn betroffen. Heute lebt er mit seiner Familie vor Ort, um dem kurdischen Volk zu dienen. Gegenwärtig rückt der Nordirak in den Brennpunkt des öffentlichen Interesses – dies durch die Abstimmung hinsichtlich eines eigenen, kurdischen Staats.
Dalton Thomas mit seiner Familie
Am Montag begann das Referendum für einen Kurdenstaat im heutigen Nordirak. Selbst in mehreren Schweizer Städten zirkulierten hupende Auto-Korsos, beflaggt mit der Kurden-Fahne. Seit dem Aufstieg des Islamischen Staates (IS) wurden mehr als zehn Millionen Menschen vertrieben, die UN spricht von «der grössten Humanitär- und Flüchtlingskrise der Gegenwart.»
Mitten im Zentrum geblieben ist die Familie um den Menschenrechtler, Missionar und Filmemacher Dalton Thomas, Leiter des Werks «Frontier Alliance International». Zusammen mit seiner Frau und den vier Söhnen lebt er im irakischen Kurdengebiet.
Saddams Morde trafen ihn
Mossul nach der Eroberung von IS
Es seien zwei Gründe, die ihn zur Arbeit in diesem Gebiet getrieben haben. «Als ich noch klein war, erzählte mir mein Vater, was Saddam Hussein den Kurden angetan hatte. Wie er tausende Menschen vergasen liess. Das hat mich betroffen gemacht.» Zehn Jahre später engagierte er sich im christlichen Dienst im Nahen Osten. Nach dem Arabischen Frühling wirkte er in der Türkei. «Die Kurden, die wir trafen, waren warmherzig und freundlich. In einer unterdrückten Minderheit verbreitet sich oft eine Opfermentalität – nicht so bei den Kurden.»
Dann verbreitete sich der Islamische Staat (IS). «Fallujah fiel früh im Jahr 2014. Als auch Mossul erobert wurde, wussten wir, dass die Zeit gekommen ist. Wir mussten schnell handeln. Mehrmals reisten wir hin und unser medizinisches Team baute erste Beziehungen auf.»
Frieden
Die Kurden wurden zu seiner Priorität. «Ich spürte, dass es Zeit war, mit meiner Familie ins irakische Kurdistan zu ziehen.» Es sei ein grossartiger Ort, um die vier Buben grosszuziehen. «Mädchen hier aufwachsen zu lassen, wäre wegen der Kultur eine Herausforderung. Soziale und religiöse Gründe machen das Frausein schwierig.» Die Familie fühle sich hier sicher. «Teil dieses Friedens kommt davon, dass wir wissen, dass wir nach Gottes Willen handeln. Das irakische Kurdistan ist ein einmaliger und wunderbarer Ort.»
Gekommen, um zu dienen
Zu den wichtigen Dingen gehöre, Freundschaften aufzubauen und zu pflegen. Es gehe darum, der Gesellschaft zu dienen. Zunächst erlebten sie einen kalten Winter. «Es ist nicht der Irak, den man aus den News kennt, die Menschen hier erleben einen harten Winter. Wir begannen mit der Ausgabe von Essen, Wasser und Decken. Dann kam medizinische Hilfe dazu.» Wenn er an die Kurden denke, denke er nicht an Politik. «Für mich beginnt es mit Gott. Er hat uns hierher gerufen. Etwas ist mit uns geschehen und wir lieben sie wie eine Familie.»
Last für die Menschen
«Wenn Gott einen zu einem Volk ruft, gibt er einem eine 'Last' für diese Menschen.» Gegenwärtig sehe man, wie sich das Haus des Islam entzweit. «In diesen Jahren geschah eine sunnitische Erweckung.» Als nächstes komme wohl der Aufbruch der Schiiten. «Der Iran und der Irak haben nun eine schiitisch-dominierte Regierung. Und Syriens Assad-Regime ist mit der Hisbollah verbunden. Dieser sogenannte Korridor von Teheran nach Beirut ist sehr real. Wenn ein Terrorist heute etwas aus der iranischen Hauptstadt ans Mittelmeer ausliefern will, kann er das tun.»
«Die Antwort sind die Kurden»
Jemand, der da Besonnenheit und Balance reinbringen könne, seien die Kurden, so Dalton Thomas. «Sie wollen in Frieden leben und sie haben keine Eroberungsgedanken.» Zudem seien sie jene, welche den IS aufgehalten hatten. Nun stünden sie mitten in den Aggressionen der Schiiten, so Thomas. «Die Kurden sind mehrheitlich muslimisch, werden aber nicht von einer islamischen Agenda getrieben. Ein Anführer der islamisch-kurdischen Bewegung sagte kürzlich: 'Ich bin zuerst ein Kurde, bevor ich ein Muslim bin.' Für sie ist der Extremismus ein Krebs. Sie wollen diesen loswerden, weil sie so lange davon umgeben waren. Ein Freund von mir ist 43 Jahre alt, er sagte kürzlich zu mir: 'In diesen 43 Jahren hat es nur zwei Jahre gegeben, in denen wir nicht im Krieg mit einer Extremistengruppe waren.'»
Trailer zum Film «Better Friends Than Mountains» (Produktion von «Frontier Alliance International» mit Produzent Dalton Thomas)