Nepal: Hindu-Extremisten hinter Angiffen auf Kirchen vermutet
Im Mai gab es eine Serie von Bomben- und Brandanschlägen auf
vier Kirchen in Nepal. Kirchenleiter vermuten Hindu-Extremisten als Urheber.
Gleichzeitig wurden sechs Christen wegen Evangelisierung verhaftet.
Das
Gebäude der Hebron-Kirche im östlichen Hügelland von Nepal wurde am 9. Mai in
Brand gesetzt; das Gleiche geschah mit der Emmanuel-Gemeinde im westlichen
Doti-Distrikt am 10. Mai und mit der Kanchanpur Emmanuel Church am 11. Mai. Am
12. Mai wurde die Mahima-Kirche in Dhangadhi im Westen des Landes Opfer eines
Bombenangriffs.
Behörden: «Kommunisten»
Weder
Regierungsbehörden noch die Polizei haben sich formell zu Verdächtigen
geäussert. Inoffiziell beschuldigt die Polizei die kommunistische Partei,
bekannt als die Biblap-Gruppe. Christliche Leiter vermuten allerdings eine
koordinierte Kampagne von Hindu-Extremisten.
Während
die Polizei die Klagen und Anzeigen der christlichen Leiter engegennimmt, wurden
bisher keine Vehaftungen vorgenommen. Tanka Subedi, Leiter des «Forums für
religiöse Freiheit in Nepal» (RLFN), vermutet, dass die Polizei Anweisungen der
Behörden erhalten habe, langsam voranzugehen. «Sie haben noch niemanden
verhaftet – es scheint, dass sie angewiesen wurden, in diesen Fällen keine
Verhaftungen vorzunehmen», erklärte Subedi.
Koordinierte Aktion
Die
Ähnlichkeit und die zeitliche Nähe der Angriffe lassen eine gemeinsame
Urheberschaft vermuten. «Es scheint, dass alle Angriffe durch die gleiche
Person geschahen, aber zeitlich und geographisch ist das nicht möglich. Das
bedeutet, dass hinter den Angriffen eine Bewegung steht, die untereinander gut
vernetzt ist.»
Pastoren
der betroffenen Kirchen vermuten unabhängig voneinander, dass «religiös
intolerante Hindus» hinter den Angriffen stecken, die «eine hinduistische
Nation» wollen. Die Aktionen scheinen von den zunehmenden hinduistisch
motivierten Angriffen auf Christen in Indien inspiriert zu sein. Der indische
Premierminister Narendra Modi, unter dessen Regierung militante Hindus einen
starken Aufschwung erleben, hatte Nepal am 11. und 12. Mai besucht.
Wegen Evangelisierung
verhaftet
Im
Distrikt Tehrathum in Ost-Nepal sind währenddessen sechs Christen in
Polizeigewahrsam. Ihnen wird Evangelisation vorgeworfen. Am 9. Mai wurden zwei
von ihnen verhaftet, als sie christliche Lieder auf der Strasse sangen und
angeblich Christus proklamierten. Am 17. Mai erschienen sie vor Gericht, und
ihre Polizeigewahrsam wurde um sieben Tage verlängert.
Nepal
ist seit dem September 2015 eine «säkulare und demokratische Republik». Andere
Religionen als der Hinduismus dürfen nur ihren eigenen Glauben leben. Artikel
26 der Verfassung verbietet es jedem, «eine Person von einer Religion zu einer
anderen zu bekehren oder die Religion anderer Menschen zu stören».
Frustreaktion der Hindus?
Evangelisation
war in Nepal schon lange illegal, wurde aber in den letzten Jahren grosszügiger
gehandhabt. Nach Ansicht von Beobachtern und Menschenrechtsorganisationen kann
die verstärkte Aktivität gegen Christen in der jüngsten Zeit eine Reaktion von
Hindus sein, die enttäuscht sind, dass ihre Religion in der Verfassung nicht
einen stärkeren Stellenwert erhalten hat.
Nepal
hat 75 Prozent Hindus und 16 Prozent Buddhisten. Muslime werden auf 4,4 und
Christen auf 3 Prozent der Bevölkerung geschätzt. Die Wachstumsrate der
Christen in Nepal ist eine der stärksten der Welt. Vor allem Dalits
(Unberührbare) finden in grossen Mengen zum christlichen Glauben.