Die Republik Sudan kommt im Neuen
Jahr nicht zur Ruhe: Eine Kundgebung jagt in der Hauptstadt Khartum und dem
benachbarten Omdurman die andere. Die sudanesischen Christen halten sich von
den Gewaltausbrüchen zurück, beten um inneren Frieden und eine bessere Zukunft,
während die Zahl der Toten und der Volkszorn zunehmen.
Seit der Unabhängigkeit vom britischen Weltreich 1956
schien es in Sudan nur ein Problem zu geben: den Gegensatz zwischen
arabisiertem, islamischen Norden und dem schwarzen, weitgehend christlichen
Süden. 2011 wurde dieser Konflikt mit Verselbständigung des Südsudans beendet.
Doch in der Westregion Darfur und den Nuba-Bergen ging der Separatismus weiter.
Der 1989 an die Macht geputschte Omar al-Baschir ging gegen diesen so brutal
vor, dass ihn der Internationale Strafgerichtshof in Den Haag als ersten
amtierenden Staatschef zur Verhaftung ausschrieb.
Islamischer und christenfeindlicher Staat
Für die im Norden verbliebenen Christen kamen mit der
Unabhängigkeit des christlich geprägten Südens keine besseren Zeiten.
Staatschef Omar al-Baschir betonte nun erst recht, der Sudan sei ein islamischer
Staat, in dem es keinen Raum für andere Religionen gebe. Vor allem die von ihm
eingeführten Blasphemiegesetze werden seit 2011 konsequent angewandt, um
Christen strafrechtlich zu verfolgen.
Rückfall in Christenfeindschaft
2018 war nach der Rückgabe von 19 beschlagnahmten
Kirchen, die unter amerikanischem Druck an die «Sudanesische Kirche
Christi» (SCOC) erfolgte, wieder besonders schlimm. Im
Weltverfolgungsindex von «Open Doors» rangiert Sudan diesmal an
vierter Stelle: Kirchengebäude, in denen sie sich seit Jahren versammelt
hatten, wurden Christen erneut weggenommen, geschlossen und abgerissen, christliche
Leiter verhaftet oder eingeschüchtert. Das betraf die SCOC sowie die
sudanesischen Presbyterianer (SPEC).
Sogar Kinder aus christlichen Familien wurden wegen
des Glaubens ihrer Eltern in der Schule oder auf Spielplätzen belästigt. Das
höchste Mass an Gewalt gab es in Kordofan, wo Christendörfer ohne jeden Anlass
von Regierungstruppen bei «Manövern» angegriffen und zerstört wurden.
Verspäteter Arabischer Frühling
Das plötzliche Aufbegehren in Khartum und seiner
Schwesterstadt Omdurman hängt daher nicht nur mit ausufernder Teuerung und
akuter Verknappung der Grundnahrungsmittel zusammen. Beobachter sehen zwar
darin zu recht einen verspäteten Arabischen Frühling mit Konfrontation zwischen
darbenden Massen und einem autoritären Gewaltherrscher. Das Besondere beim Sudan
ist jedoch die Tatsache, dass der Aufruhr nicht islamistische Züge wie in
Ägypten oder Syrien trägt, sondern sich gegen ein bereits etabliertes
polit-islamisches Regime richtet, im besonderen gegen dessen
Christenfeindschaft. Diese wird von der Mehrzahl sudanesischer Muslime nicht
mitgetragen.
Doch Generalleutnant Baschir hatte sich schon bald
nach seiner Machtergreifung vor 30 Jahren mit dem Muslim-Aktivisten Hassan
at-Turabi verbündet. Dieser wurde Chefideologe des Militärregimes. Das
Religionsgesetz der Scharia machte er zur sudanesischen Rechtsordnung. Mit
Körperstrafen, Frauenknechtung und sogar Versklavung von Schwarzen aus dem
Süden wie vor 120 und mehr Jahren unter dem berüchtigten «Mahdi».
Nachfahren des «Mahdi» unterstützen Christen!
Dessen Anhänger haben sich aber seitdem gewandelt. Als
Partei «Umma» (Mutterland) stehen sie politisch hinter diesen
vordergründigen Brot-Unruhen. Der 83-jährige Urenkel des alten Mahdi, Sadiq,
leitet noch immer diese demokratische Partei. Dabei steht ihm seine
Tochter Mariam al-Mahdi rund um die Uhr zur Seite. Sie verspricht ihrem Volk
gute Versorgung und ein Ende der internationalen Isolierung Sudans, den
Christen vor allem wieder mehr Glaubensfreiheit.