Indien: Wie sieht die Zukunft für Christen und Muslime aus?
In Indien hat der Hindunationalist
Modi als erster Premier, der nicht zur Kongresspartei gehört, eine zweite
Amtszeit erlangt. Muslime und Christen sehen mit Angst weiteren fünf Jahren der
«Hindu-First-Politik» entgegen.
Indiens Premierminister Narendra Modi
Indiens Regierungschef
Narendra Modi verspricht dem Land eine «helle Zukunft». «Was auch immer im
Wahlkampf geschehen ist - jetzt müssen wir nach vorne schauen», so der alte und
neue Premierminister bei seiner Siegesrede vor jubelnden Anhängern. Er betonte:
«Wir dürfen nicht vergessen, dass die Verfassung unser höchstes Gut ist.»
Hinduistischer Gottesstaat als Ziel?
Christen und Angehörige
von religiösen Minderheiten wären dankbar, wenn der Ministerpräsident die
Verfassung, die Indien als säkularen Staat definiert, respektieren würde. Von
der Erfahrung der letzten Jahre allerdings sehen sie weiteren fünf Jahren
Regierungszeit von Modi und seiner «Indischen Volkspartei» (BJP) mit grosser
Sorge entgegen.
Denn deren Basis ist die «Hindutva» genannte politische
Ideologie, deren Ziel ein hinduistischer Gottesstaat ist. «Die BJP polarisiert
das Denken der Inder auf Grund der Religion und verbreitet Uneinigkeit in den
Städten und Dörfern», erklärt denn auch ein christlicher Leiter, der ungenannt
bleiben will. «Sie weckt religiöse Intoleranz, fördert den Hinduismus als die
einzige Religion in Indien und macht Christen und Muslime als Eindringlinge
herunter».
Starke Zunahme von Angriffen
Machtdemonstration – BJP-Anhänger während des Wahlkampfes
Auch Henrietta Blyth,
CEO von Open Doors UK, sagt: «Das ist eine Zeit der zunehmenden Sorge für
Christen in Indien. In den letzten fünf Jahren haben sie ein bedeutendes Mass
and Gewalt, Diskriminierung und Intoleranz erlebt. Wir können nur hoffen, dass
die BJP diesen zweiten Wahlsieg nicht als Mandat für verstärkte Verfolgung,
sondern als Gelegenheit aufnimmt, die zunehmenden Spaltungen in Indien zu
heilen».
Ein Bericht der
«Kommission für religiöse Freiheit» der Evangelischen Allianz Indiens hat eine
Zunahme der religiösen Übergriffe gegen Christen von 130 im Jahr 2012 auf 325
im letzten Jahr registriert. Man befürchtet, dass ein grosser Teil der
Schikanen nicht gemeldet wird. Im Weltverfolgungsindex 2019 von Open Doors
rangiert Indien mittlerweile auf dem 10. Platz der Länder, in denen es für
Christen schwierig ist, ihren Glauben zu leben.
Hindu-Nationalismus und Anti-Bekehrungsgesetze
Indien hat 64 Millionen
Christen; das sind weniger als fünf Prozent der Bevölkerung. Der Hinduismus als
grösste Religion wird zunehmend mit Nationalismus identifiziert. Vor allem in
den ländlichen Regionen sind Christen verletzlich gegenüber religiöser
Diskriminierung, die von Beleidigungen, Angriffen gegen Häuser bis zu
körperlichen Angriffen geht. In Staaten wie Madhya Pradesh und Chhattisgarh
haben neue Anti-Bekehrungs-Gesetze die Situation für Christen zunehmend
schwierig gemacht. Rajasthan und Arunachal Pradesh haben ähnliche Gesetze
erlassen, die aber noch nicht in Kraft sind.