Leitende Geistliche appellieren nach Brand in Moria an Politik
Die leitenden Geistlichen der evangelischen
Landeskirchen haben nach dem Brand im griechischen Flüchtlingslager
Moria einen gemeinsamen Appell an die deutsche EU-Ratspräsidentschaft
und Innenminister Horst Seehofer gerichtet. Sie fordern umgehende
Lösungen bei der Verteilung von Flüchtlingen und sagen ihrerseits
Unterstützung zu.
Flüchtlingscamp Moria (Bild: Silas Zindel)
In der Nacht zum Mittwoch sind weite Teile des Flüchtlingslagers
Moria auf der griechischen Insel Lesbos abgebrannt (Livenet berichtete). Die leitenden
Geistlichen der evangelischen Landeskirchen haben sich daraufhin in
einem gemeinsamen Appell an die deutsche Politik gewandt.
Bedford-Strohm: «Sofort und dauerhaft helfen»
Heinrich Bedford-Strohm (Bild: Flickr)
Adressaten
sind zum einen Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) und die
EU-Ratspräsidentschaft, die Deutschland derzeit inne hat. Die Bischöfe
und Präsides der Gliedkirchen äussern sich «erschüttert über das Leid,
das erneut über die schutzsuchenden Menschen gekommen ist, und entsetzt,
dass es der Europäischen Union trotz vielfacher Warnungen nicht
gelungen ist, diese Eskalation der menschenunwürdigen Situation in dem
Lager zu verhindern».
Sie fordern, «umgehend» eine europäische Lösung zu finden, um
Schutzsuchende auf aufnahmebereite Länder zu verteilen. Seehofer solle
zudem seinen Widerstand dagegen aufgeben, in Deutschland Flüchtlinge
aufzunehmen. Die Kirchenleiter sagten ihrerseits ihre Unterstützung
dafür zu. Heinrich Bedford-Strohm, Ratsvorsitzender der Evangelischen
Kirche in Deutschland, betonte am Mittwoch gegenüber der Deutschen
Presse-Agentur, dass den Menschen «sofort und dauerhaft geholfen» werden
müsse.
Deutsche Initiative oder europäische Lösung
Als «Katastrophe mit Ansage» bezeichnete der Hamburger Erzbischof
Stefan Hesse den Brand in Moria. Er ist bei der Deutschen
Bischofskonferenz als Sonderbeauftragter für Flüchtlingsfragen
zuständig. Es habe bereits vor dieser Entwicklung Appelle aus Kirche und
Zivilgesellschaft gegeben, für eine «menschenwürdige Aufnahme der
Schutzsuchenden» zu sorgen. Dass die Bundesrepublik einige hundert
alleinreisende und kranke Minderjährige aufgenommen habe, sei ein
Tropfen auf dem heissen Stein gewesen. «Die mit dem Flüchtlingslager
Moria verfolgte Politik der Abschreckung geht auf Kosten der
Menschlichkeit», teilte er in einer Stellungnahme mit. Er warnte
angesichts der Situation auf den griechischen Inseln davor, alle
Asylverfahren zukünftig an den EU-Aussengrenzen abzuwickeln. «Europa muss
nun alles daransetzen, die bestehende humanitäre Krise zu überwinden,
statt potenziell neue Krisenherde zu entfachen», betonte Hesse. Sollten
sich die Mitgliedstaaten der EU nicht auf eine gemeinsame Lösung einigen
können, müsse eine «humanitäre Koalition der Willigen» vorangehen.
Mehrere Bundesländer und Kommunen hatten bereits vor mehreren Wochen
ihre Bereitschaft signalisiert, eine begrenzte Zahl von Flüchtlingen aus
Griechenland aufzunehmen. Dem hat Seehofer bislang nicht zugestimmt,
weil er einen deutschen Alleingang ablehnt. Stattdessen hält er an einer
europäischen Lösung fest. Diese Position haben verschiedene
Unionspolitiker auch jetzt bekräftigt. Armin Laschet, Ministerpräsident
von Nordrhein-Westfalen, der kürzlich das Camp Moria selbst besucht
hatte, erklärte, dass sein Bundesland 1'000 Flüchtlinge aufnehmen würde.
Schnelle humanitäre Hilfe sei nötig. Gleichzeitig betonte er im ZDF,
dass es eine «viel grössere Lösung» brauche «als nur einen deutschen
Alleingang». Das Problem sei «nicht damit gelöst, dass alle nach
Deutschland kommen», sonst sei es in kurzer Zeit wieder da.
Weitere Bundesländer erneuerten ihr Angebot, Menschen aus den
griechischen Flüchtlingslagern aufzunehmen. Niedersachsens
SPD-Ministerpräsident Stephan Weil forderte ebenso wie die
SPD-Parteivorsitzende Saskia Esken oder Thüringens Regierungschef Bodo
Ramelow von der Linken, die deutschen Grenzen für Flüchtlinge zu öffnen.
Eskalation war abzusehen
Andrea Wegener (Bild: Claudia Dewald / GAiN)
Das Camp Moria auf der griechischen Insel Lesbos ist schon seit
Langem überfüllt. Ausgelegt war es mit Wohncontainern, sanitären Anlagen
und Elektrizität für knapp 3'000 Menschen. Zwischenzeitlich lebten rund
20'000 Bewohner dort, viele im angrenzenden Olivenhain in Zelten. Vor
dem Ausbruch der Feuer waren es noch rund 12'600. «Es sind mehr Menschen
gekommen, als Anträge bearbeitet werden konnten», berichtet Andrea Wegener
von der christlichen Hilfsorganisation Euro Relief im Gespräch mit pro.
Spannungen habe es unter den Bewohnern des Camps immer gegeben –
Messerstechereien und Gewalt mit Toten und Verletzten etwa. Nachts habe
sich kaum jemand getraut, sein Zelt zu verlassen. «Dass etwas eskalieren
wird, haben wir immer gesagt. Die Frage war nur, wann es geschieht.»
Am 2. September wurde in Moria der erste Covid-19-Fall festgestellt.
Bis jetzt wurden 35 Menschen dort positiv auf das Virus getestet, 34 von
ihnen ohne Symptome, sagt Wegener. Offenbar habe deren angeordnete
Isolation zu Unruhe und Widerstand im Camp geführt.
Brandursache weiterhin ungeklärt
Für Aufregung habe
auch gesorgt, dass die griechischen Behörden kürzlich für rund eine
Million Euro Zaun gekauft hätten, um Moria zu einem geschlossenen Camp
zu machen. Es gebe Hinweise darauf, dass Bewohner des Lagers die Feuer
selbst gelegt haben. Laut Medienberichten soll es auch einzelne Angriffe
auf die Feuerwehr gegeben haben. Andere Theorien gehen von
Brandstiftung durch Rechtsradikale aus. «Uns war klar: Wenn das
Coronavirus Moria erreicht, ist die Krankheit das kleinere Problem.
Schwieriger würden die psychischen Folgen der Isolation, die Spannungen
und die Gewalt sein. Das hat sich nun bestätigt.»
Wie Wegener sagt, hielten sich nach wie vor tausende Flüchtlinge in
der Nähe des nun zerstörten Camps auf. Andere hätten sich auf den Weg
über die Insel gemacht oder versuchten, in die Hauptstadt oder zum Hafen
zu kommen. Wegener fürchtet, dass es dadurch auch zu Zusammenstössen mit
den Inselbewohnern kommen kann. «Die Polizei und das Militär muss jetzt
alle vor allen beschützen.»
Datum:
11.09.2020 Autor: Jonathan Steinert Quelle: PRO Medienmagazin | www.pro-medienmagazin.de
Kommentare
Submitted by 4df533 on 12. September 2020 - 9:55.
Jeder Mensch weiß, daß es nicht gut ist, seine eigene Umgebung abzubrennen. Jeder weiß auch, wenn man dafür belohnt wird, ist etwas faul. Wenn man das Christentum dazu benutzt, schlechte Taten zu belohnen, wirkt dies deshalb nicht überzeugend, man wendet sich lieber überzeugenderen Religionen zu, die ein erfolgreiches Leben ohne Brandschatzung ermöglichen.
Deshalb sagte Jesus Christus: Darum geht hin und macht alle Völker zu Jüngern und tauft sie auf den Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes, und lehrt sie alles halten, was ich euch befohlen habe.
Er sagte nicht: fliegt die Kriminellen zu euch und gebt ihnen viel Geld, das eigentlich für eure Kinder gedacht ist.
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