Weltweit neue Initiativen

Trotz Corona wachsen die Kreise von Crescendo

In Zeiten von Corona wurde das internationale Netzwerk der Crescendo-Arbeit sogar verstärkt. «So entstehen gerade in diesen Tagen lokale Crescendo-Initiativen in Seattle, Los Angeles, Boston, Chicago und Texas», bilanziert der internationale Crescendo-Leiter Beat Rink im Interview mit Livenet.

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Ein Konzert vom Crescendo Institut (Bild: crescendoinstitute.org)
Beat Rink, was sind die gegenwärtigen High-Lights aus der Crescendo-Arbeit?
Beat Rink:
Wir hatten vor ein paar Tagen eine Online-Konferenz mit Crescendo-Verantwortlichen aus zwanzig Ländern. Dabei wurde klar: Trotz massiver Einschränkungen im Kulturbereich können unsere Leute immer noch viel tun. Ein Highlight in diesen Tagen war etwa das erste Konzert eines neu gegründeten Sinfonieorchester in der zweitgrössten Stadt Moldawiens, dem ärmsten Land in Europa. Unsere moldawischen Mitarbeiter setzten sich sehr für die Entstehung dieses Orchesters ein und erhielten dafür sogar eine UNESCO-Auszeichnung. Etwas anderes ist eine Reihe von Jazzkonzerten in New York, die wir im November zusammen mit einer Kirche in Manhattan aufgleisen. Wir konnten Geld sammeln, das den beteiligten Musikern zukommt, die dringend ein Zeichen der Ermutigung brauchen. Die Konzerte finden wegen der Coronakrise ohne Publikum statt, werden aber aufgenommen und online gestellt.

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Beat Rink (Bild: zVg)
Mit «Kirche kreativ», «Play and Pray» und «Friday Night Jam» lädt Crescendo regelmässig zu Anlässen, können Sie diese etwas näher vorstellen?
Die KIRCHE KREATIV ist ein Gottesdienst-Format, das künstlerischen Beiträgen neben der Wortverkündigung einen grösseren Raum gibt als üblich. Denn auch Kunst kann Verkündigung sein. Wir laden nach der Predigt zu einem musikalisch begleiteten Gebetsrundgang ein, was in einem Abendgottesdienst besser möglich ist als am Sonntagmorgen. AWir führen die KIRCHE KREATIV nun seit genau 25 Jahren monatlich in der Pauluskirche Basel durch  und konnten sie auch in anderen Städten realisieren und dort zum Teil etablieren. Im letzten Januar gab es eine erste KIRCHE KREATIV in Ruanda, wobei der Gottesdienst geschlagene vier statt anderthalb Stunden dauerte. Das ist sogar für afrikanische Verhältnisse recht lang! Wir wollen mit diesen Gottesdiensten nicht zuletzt kirchenferne Leute ansprechen. Uns freut auch immer, wenn lokale Gemeinden sagen, dass sie dadurch Impulse für eine alternative Gottesdienst-Gestaltung bekommen.

Unter dem Namen «Play & Pray» laden wir Musikerinnen und Musiker ein, als spontan zusammengewürfeltes Ensemble frei zu improvisieren und darauf zu vertrauen, dass Gottes Geist sie führt. Momentan finden solche Gebetszeiten wöchentlich in Leipzig, monatlich im House of Prayer in Basel und sporadisch in Paris statt. Es ist für die Zuhörer und besonders für die Musiker sehr bewegend, wie sie «geführt» werden. Es entstehen Sequenzen, die klingen, als seien sie seit langem einstudiert.

Die «Friday Night Jam» ist eine offene Bühne für Jazzmusiker, nicht nur für christliche. Damit kommen wir einem grossen Bedarf nach Auftrittsmöglichkeiten in der Jazz-Szene nach. Diese öffentliche Jam Session findet in Clubatmosphäre in den Räumlichkeiten der Basler Vineyard-Gemeinde statt, einem alten Kinosaal. Wir knüpfen so auf ganz natürliche Weise Kontakte zu neuen Jazzmusiker-Kreisen und zum Publikum.

Ein wichtiger Pfeiler ist das internationale Netzwerk – konnte dies in der Corona-Zeit womöglich gar gestärkt werden?
Das ist tatsächlich der Fall. In den USA erlebten wir zum Beispiel eine rasante Beschleunigung unserer Bewegung. Das hatte auch damit zu tun, dass der Chefdirigent eines grossen Sinfonieorchesters während des Lockdowns seine Arbeitskraft in den Dienst von Crescendo gestellt und täglich quer durchs Land Musiker kontaktiert hat. Bis Ende September konnten wir so zehn grössere Zoom-Treffen mit rund 150 amerikanischen Musikern durchführen, und die Früchte sind bereits sichtbar. So entstehen gerade in diesen Tagen lokale Crescendo-Initiativen in Seattle, Los Angeles, Boston, Chicago und Texas.

Wie hat Corona die Crescendo-Arbeit verändert?
Viele Musiker leiden  wie andere Künstler auch  unter dem Lockdown, mit massiven finanziellen Folgen. Da sind Begleitung und Unterstützung gefragt. Wir können online oder in kleineren Kreisen füreinander da sein. Lokale Kreise sind uns sehr wichtig. Der Ausfall unseres internationalen Sommerinstituts, wo jeweils eine vierzehntägliche Arbeits- und Lebensgemeinschaft mit Musik-Studierenden und -Dozenten aus aller Welt entsteht, war sehr schmerzhaft. Es ist jeweils auch eine grosse Chance, den Glauben auf ganz natürliche Weise weiterzugeben. Immerhin konnte unsere ungarische Arbeit im Juli ein nationales Institut durchführen. Natürlich mussten wir auch viele andere Dinge absagen. Aber wir hoffen, dass wir 2021 wieder grössere Anlässe durchführen können. So planen wir momentan intensiv die «Nacht des Glaubens. Festival für Kunst und Kirche» vom 12.6.21 in Basel.

Welche Themen bewegen Sie generell – und weshalb?
Uns bewegt die Frage, wie Christen noch mehr in der Kulturwelt präsent sein können. Viele alte Kunstwerke und vor allem Musikstücke sind stark von der christlichen Botschaft geprägt, doch wird diese von vielen nicht mehr verstanden. Christen können auch Akzente der Hoffnung und Zeichen der Liebe setzen, die unter Kulturschaffenden besonders heute wichtig sind.

Ein anderes Thema, das uns beschäftigt: Wie finden Künstler und Kirchen wieder besser zueinander? Künstlerinnen und Künstler brauchen die Kirchen, ihre Gebete und ihre Aufträge gerade jetzt! Und Kirchen brauchen Künstler, vielleicht mehr als sie denken. Dies besprechen wir zur Zeit intensiv bei ARTS+, dem Zusammenschluss verschiedenster Schweizer christlicher Kulturinitiativen.

Was ist Ihr Herzensanliegen?
Dass Künstler Christus entdecken und ihm nachfolgen – und aus dem Glauben heraus Kunst gestalten. Das muss keineswegs explizit «christliche Kunst» sein. Wo sie aber den Glauben thematisiert, kann Kunst neue Sichtweisen vermitteln und Menschen erreichen, die sich keine Predigt anhören würden.

Wird Apostelgeschichte heute mit Musik geschrieben?
Diese Frage hat es in sich. In der Apostelgeschichte lesen wir ja nicht nur von Zeichen und Wundern, sondern auch von Verfolgungen. Aber ich verstehe, was Sie meinen. Ich würde es nicht so allgemein formulieren, aber trotzdem sagen: Gottes Geist kann durch Musik und Kunst wirken, und er scheint es immer wieder zu tun.

Zur Webseite:
Crescendo
Nacht des Glaubens
Arts Plus
Crescendo Institute

Zum Thema:
Crescendo Sommerinstitut: Beethoven in «christlicher Atmosphäre»
Soli Deo Gloria: Christliches Netzwerk von Pop-Musikern gestartet
An neuem Ort: «Crescendo Sommerinstitut» wächst weiter

Datum: 04.11.2020
Autor: Daniel Gerber
Quelle: Livenet

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