Zwangsheirat: Ein Problem in verschiedensten Religionen

Die Stadt Zürich hat über Menschen informiert, die wegen drohender Zwangsheirat Hilfe gesucht haben. In Frauenhäusern in der Stadt suchen jedes Jahr bis zu 30 Frauen Rat, die gegen ihren Willen verheiratet werden sollen, schreibt die Stadt. Zu den Betroffenen zählen Männer und Frauen aller Religionen.

Eine Zwangsverheiratung komme gemäss einer vergangene Woche in Zürich präsentierten Studie «Zwangsheirat: Hintergründe, Massnahmen, lokale und transnationale Dynamiken» vorwiegend bei hinduistischen Tamilen, christlich-orthodoxen Assyrerinnen, alevitischen Kurden, katholischen Kosovarinnen und muslimischen Türken vor.

Der Konflikt beginne meist in der Adoleszenz, wenn Jugendliche eigene Vorstellungen entwickelten und die Eltern es als «moralische Pflicht» betrachteten, den bestmöglichsten Partner für das Kind zu finden, führte die Sozialanthropologin Janine Dahinden, Professorin für Transnationalismus sowie Direktorin des Maison d'analyse des processus sociaux (Maps) an der Universität Neuenburg, und Mitautorin der Studie vor den Medien in Zürich aus. Den Jugendlichen bleibe oft nur eine «entweder-oder-Entscheidung», also der Bruch mit der Familie oder die Anpassung an den ungewollten Ehebund.

Migranten der zweiten Generation betroffen

Eine wissenschaftlich exakte Erhebung der Fälle von Zwangsheirat sei nicht möglich, betonte Dahinden. Davon betroffen seien in erster Linie Migranten und Migrantinnen der zweiten Generation. Fachpersonen seien zunehmend häufiger mit der Problematik betroffen.

Frauen würden häufiger gegen ihren Willen zu einer Heirat gezwungen als Männer. Ein Mann sei im Haushalt viel weniger isoliert und habe grössere Ausweichmöglichkeiten als die Frau, erläuterte die Sozialgeographin und Studien-Mitautorin Yvonne Riaño, Privatdozentin an der Universität Bern sowie Projektleiterin am Maps in Neuenburg.

Eine Sanktionierung auf strafrechtlicher Ebene trage wenig zur Lösung des Konflikts bei, so Riaño. «Es ist unrealistisch, dass betroffene Kinder ihre eigenen Eltern anzeigen.» Wichtiger seien deshalb präventive Massnahmen. Diese könnten an Lehrstellen, in Migrantenvereinen, an den Schulen oder bei Fachstellen ansetzen.

Für die Studie wurden im Frühling und Sommer vergangenen Jahres 35 Angestellte von städtischen Fachstellen befragt.

Datum: 12.04.2010
Quelle: Kipa

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