Mutter im Bundesrat?

Die Bundesratswahl befeuert die Familienpolitik

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Evi Allemann, Pascale Bruderer, Flavia Wasserfallen (Bilder: eviallemann.ch / parlament.ch)
Die als Bundesratskandidatinnen gehandelten Pascale Bruderer, Evi Allemann und Flavia Wasserfallen haben eines gemeinsam: Sie haben Kinder im schulpflichtigen Alter. Geht das zusammen: Kinder betreuen und voll Bundesrätin sein?

Die als Kandidatinnen gehandelten drei Frauen (Pascale Bruderer hat inzwischen abgesagt) haben noch etwas gemeinsam: «Sie ordnen ihr Familienleben nicht einem politischen Amt bedingungslos unter, wollen aber trotzdem Karriere machen», wie die «Schweiz am Sonntag» vom 5. November feststellt.

Bundesrätin sein und noch schulpflichtige Kinder zu haben, wäre aber ein Novum. Und eigentlich ist das mit dem heutigen Amtsverständnis nicht zu vereinbaren. So sagte die scheidende Bundesrätin Simonetta Sommaruga gegenüber den Medien: «Ich habe in den letzten zwölf Jahren ein Leben geführt, in dem das Amt als Bundesrätin immer oberste Priorität hatte.» Als zweite Haut bezeichnete schon alt Bundesrat Didier Burkhalter das Amt. Bundesrat sei kein Job, sondern ein Zustand.

Noch undenkbar, aber…

Müsste somit eine aktive Mutter dieses Amt von vornherein ausschliessen, oder müsste es das Parlament tun, das Bundesrätinnen wählt? Absolut zwingend wäre das nicht, gibt es doch in Europa und weltweit schon etliche Beispiele von Müttern im Minister- oder gar Ministerpräsidentinnenamt. Beispiele dafür sind die heutige EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen, die als aktive Mutter von acht Kindern bereits Ministerin in der deutschen Regierung wurde. Oder die aktuelle Aussenministerin und Vizekanzlerin Annalena Baerbock. Oder die Ministerpräsidentinnen von Finnland (Sanna Marin) und Neuseeland (Jacinda Ardern). Sie haben Lösungen gefunden, wie sie ihren Kindern gerecht werden können, auch wenn wir nicht wissen, was das im Einzelfall konkret bedeutet. Normalerweise haben sie aber einen (Ehe)Partner, der sich in die Familienarbeit hineinkniet. Diese Frauen von vornherein als Rabenmütter zu brandmarken, wäre verfehlt.

Aktive Väter

Damit stellt sich natürlich die Frage nach der Rolle (in der Erziehung und Betreuung) von aktiven Vätern. Dass sich Väter eine Teilzeitanstellung besorgen, um die Hauptarbeit in der Familie zu übernehmen, ist auch Christen in der Evangelischen Allianz nicht fremd. SEA-Generalsekretär Andi Bachmann arbeitet mit einem Teilzeitpensum von 60 Prozent und entlastet damit seine beruflich und politisch sehr aktive Frau.

Familienerfahrung und politisches Amt

Es gibt hier aber noch einen andern Aspekt, auf den Familienorganisationen hinweisen: Sie bemängeln zu Recht, dass ein Grund dafür, dass Familienpolitik in der Schweiz ein Stiefmütterchendasein fristet, darin liegen könnte, dass es in den Regierungen an aktiven Eltern fehlt. Väter und Mütter, die auch persönlich mit den Herausforderungen einer Familie konfrontiert sind. Es fehle ihnen damit an konkreten Berührungspunkten, die sie persönlich motivieren könnten, die Unterstützung der Familien voranzubringen. Denn die Motivation, Dinge zu verändern und zu verbessern, habe auch in der Politik sehr viel mit der eigenen Erfahrungswelt zu tun. Und sie ist bei der Familienpolitik umso wichtiger, als es ihr an einer wirksamen Lobby fehlt.

Die Strukturen verändern

Was müsste also geschehen, dass Familienerfahrung auch in unseren Regierungsämtern, insbesondere auch im Bundesrat, präsent ist? Zum einen müssten Vorschläge ernst genommen werden, die Zahl der Bundesräte, um wenigstens zwei zu erhöhen. Der Vorschlag ist nicht neu, wurde aber immer wieder von Parteichefen oder gar Bundesräten zurückgewiesen.

Eine andere Möglichkeit wäre, mehr Macht den Staatssekretärinnen und -sekretären zu geben oder deren Anzahl zu erhöhen. Sie leisten ja die Vorbereitungsarbeit für die Behandlung der Geschäfte durch die Departementschefinnen und Chefs. Aber auch dieser Vorschlag stösst immer wieder auf Widerstand, weil er für die Departementschefs tendenziell einen Machtverlust bedeuten würde.

Ein Signal

Wir stehen damit einmal mehr vor der Frage, wie viel eine gute Familienpolitik unserem Land wert ist. Die Schweiz hat in diesem Bereich ziemlich viel Aufholbedarf. Wollen wir also, dass Familienerfahrung auch in den obersten politischen Ämtern zum Normalfall wird, wie es Normalfall geworden ist, dass Frauen ein solches Amt bekleiden können? Die bevorstehende Wahl in den Bundesrat wird dafür ein Signal sein: pro oder contra.

Zum Thema:
Ehe und Kinder: Nationalrat für «Ehe für alle» mit Samenspende
Kommentar: Leidet Familienpolitik wgen kinderlosen Staatsführern?
Kanzlerkandidat Armin Laschet: «In der Politik gibt es zu wenig Christen»

Datum: 08.11.2022
Autor: Fritz Imhof
Quelle: Livenet

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