Die Feinabstimmungen deuten auf einen intelligenten Urheber
Mit «Der vermessene Kosmos» liefern die beiden Astrophysiker Norbert Pailer und Alfred Krabbe einen faszinierenden Einblick in den Weltraum, gerade auch aus christlicher Sicht. Im Interview mit Livenet sagt Norbert Pailer: «Die Genialität, der Grad unvorstellbarer Schönheit, die unglaubliche Grösse, die überraschenden Feinabstimmungen, das sind zumindest Fingerabdrücke, also biometrische Daten eines intelligenten Urhebers!»
Norbert Pailer (Bild: SCM Hänssler)
Livenet: Norbert Pailer, Sie sprechen von einem Kosmos nach Mass, was ist darunter zu verstehen?
Norbert Pailer: Überall im Weltall zeigen sich die Strukturen von Ordnung und Individualität. Galaxien und Galaxienhaufen sind in allen Richtungen zu sehen. Doch jede Galaxie ist unverwechselbar. Auch die Bestandteile der Galaxien mit Sternen, Staub und Gas und mit den in ihnen ablaufenden Vorgängen sind gleichermassen gut geordnet und andererseits auch sehr individuell. Es ist trotz der unglaublichen Anzahl fraglich, ob es zwei Sterne gibt, die sich exakt gleichen. Zudem ist die interstellare Chemie hochgradig von der Rezeptur der Materie vor Ort abhängig und ebenso von den Eigenschaften des lokalen Strahlungsfeldes. Auf mannigfache Weise manifestiert sich im Weltall eine bemerkenswerte Vielfalt der Erscheinungen. Ihre hochgradige Ordnung wird mit der physikalischen Homogenität des Weltalls begründet, während ihre Schönheit schlicht sprachlos macht. Würde man in diesem Gewusel von Sternen und Galaxien einige wenige atomare Parameter geringfügig ändern, würde die Welt kollabieren. Das «Kartenhaus» ist stabil, solange sich nichts bewegt. Doch die kleinste Änderung irgendwo könnte alles zum Einsturz bringen.
Auf Ihrer Webseite schreiben Sie: «Ich mag Astrophysik, weil Gott da interessante Dinge versteckt hat». Können Sie ein, zwei Dinge aus der riesigen Fülle hervorheben?
Ich denke da, zum Beispiel, an die «Gleichnisse der Natur» in Form der Dunklen Energie und der Dunklen Materie. Bereits in den 1930er-Jahren sagte der Schweizer Astronom Fritz Zwicky, dass in den Galaxien die Gravitationskraft der sichtbaren Materie nicht ausreicht, um die durch die Rotation der Galaxie ausgelöste Fliehkraft der entsprechenden Objekte zuverlässig zu kompensieren. Daraufhin wurde der Begriff einer «Dunklen Materie» eingeführt, die man für die benötigte Restgravitation als gravitativen «Klebstoff» für die Langzeitstabilität der Galaxien braucht. Nun beginnt die grosse Suche nach diesen beiden aus der Beobachtung resultierenden Ergebnissen, die unser heutiges Verständnis fordert. Das Ergebnis wird nachhaltig unser Weltbild beeinflussen!
Da sich Gott persönlich in der Bibel offenbart, ist er nach seinem Wort in allgemeiner Weise auch in der Natur erkennbar. In diesem Sinne möchte ich die angesprochene Dunkle Materie – die übrigens 95 Prozent der existierenden Materie ausmachen soll – folgendermassen verstehen: Der Kosmos ist von etwas durchsetzt, das wir nicht sehen und wird getrieben von einer Kraft, die wir nicht verstehen – das kann gerne als biblische Aussage gewertet werden!
Würden Sie das All als Gottes Visitenkarte bezeichnen – und wenn ja, weshalb?
Das hat durchaus mit den bereits gegebenen Antworten zu tun, insbesondere mit der vorlaufenden, die folgendes impliziert: Sollten wir alle sichtbare Materie jemals beobachtet haben, dann haben wir allerdings nur 5 Prozent der existierenden Materie gesehen – und machen damit weitreichende Schlüsse auf das Ganze des Kosmos! Es würde mich nicht wundern, wenn Gott in seiner verschwenderischen Fülle ein so grosses, unbegreifliches Universum schuf, um dann auf ein durchaus bescheidenes Objekt am Rande des Weltalls zu deuten: Hier auf diesem Planeten – der nicht mal einen besonderen Namen hat, sondern einfach «Erde» heisst – mache ich mit meinem Gegenüber Mensch meine Geschichte. Und unser Planet ist hier eingebettet in der ausgedehnten Atmosphäre eines magnetisch variablen Sterns, der unser Sonnensystem beherrscht und das Leben erhält. Unsere Sonne variiert allerdings auf jedem Kanal, auf dem wir sie beobachten. Die Sonne setzt Licht im Infrarotbereich, im Sichtbaren, im Ultravioletten und im Bereich der Röntgenstrahlung frei, beeinflusst unser System Erde über mächtige Magnetfelder, der Sonnenwind stemmt sich gegen das umgebende interstellare Gas, und hochenergetische Teilchen rasen mit nahezu Lichtgeschwindigkeit durch den Raum. Und all diese Phänomene variieren. Diese Variationen ereignen sich auf Zeitskalen von Millisekunden bis Milliarden von Jahren.
Die Genialität, der Grad unvorstellbarer Schönheit, die unglaubliche Grösse, die überraschenden Feinabstimmungen, das sind zumindest Fingerabdrücke, also biometrische Daten eines intelligenten Urhebers! Max Planck hat mit nachstehendem Zitat etwas hinterlassen, dem ich mich voll anschliessen möchte: «Die Basis aller Kulturen ist die Religion. Ein entscheidender Unterschied zwischen der christlichen und anderen Religionen besteht darin, dass sich der Gott der Bibel als Vernunftswesen zu erkennen gibt, der diese Welt vernünftig und durch die Vernunft erkennbar geschaffen hat.»