Vier Fragen zum Jahresanfang

Benjamin Doberstein: Es wartet viel Arbeit, weil viele Christen verfolgt werden

Zum Jahresanfang fragt Livenet Persönlichkeiten aus Gemeinden und Werken, was sie von diesem Jahr 2015 erwarten und was sie sich wünschen. Heute: Benjamin Doberstein, Geschäftsführer der christlichen Menschenrechtsbewegung CSI-Schweiz.

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Benjamin Doberstein
Livenet: Benjamin Doberstein, welches Ereignis war für Sie das grösste bzw. wichtigste im letzten Jahr?
Am meisten hat mich im Sommer 2014 die Vertreibung von Christen und anderen Minderheiten im Irak bewegt. Viele Leute, die wir bei CSI schon lange kennen, waren davon betroffen. Auch viele, die als lokale Mitarbeiter vor Ort aktiv waren. Besonders beeindruckt hat mich dann, wie schnell diese Leute wieder auf den Beinen waren und Hilfsaktionen für die vielen Vertriebenen organisiert haben. Dank diesen Brüdern und Schwestern können wir einem Umfeld, wo viel Korruption und Vetternwirtschaft herrscht, gezielt und kontrolliert Hilfe leisten, die ankommt. Der Glaube und die Hingabe dieser Leute waren für mich ein grosses Vorbild. Ich habe ganz neu verstanden, was Jesus meinte, als er sagte: «In der Welt da habt ihr Angst, aber fürchtet Euch nicht, denn ich habe diese Welt überwunden.»

Was müsste bei den Christen 2015 passieren?
Es ist schwierig, so pauschal über «die Christen» zu sprechen oder festzulegen, dass gerade 2015 etwas Spezielles passieren müsste. Als Christen sind wir in die Nachfolge gerufen und das hat eigentlich etwas mit Beständigkeit zu tun. Eine solche Beständigkeit ist in der heutigen Gesellschaft aber nicht mehr der Normalfall. Alles wird immer schneller. Neu ist immer besser. So ist «christlich» in seinen verschiedenen Schattierungen inzwischen vielen suspekt geworden.

Zunehmend bekommt man das Gefühl, seinen Glauben verteidigen zu müssen. Wie kommen wir aus dieser defensiven Glaubenshaltung heraus? Wie können wir Zeugen für einen Glauben sein, der den Menschen als Ganzes, mit allen guten und schlechten Seiten, meint? Wie gelingt es, das Leben in guten und in schlechten Tagen, als ein Geschenk Gottes ernsthaft zu feiern und damit Gott zu verherrlichen? Wie können wir das Angenommensein, das wir in Jesus Christus erleben, durch unser Leben mit anderen teilen? Ob diese Fragen alle Christen betreffen oder ob gerade dieses Jahr hier etwas passieren muss, weiss ich nicht. Es sind jedenfalls Fragen, die mich persönlich beschäftigen und auch 2015 nicht loslassen werden.

Welche besondere Herausforderung wartet auf Sie?
CSI ist mit vielen Herausforderungen konfrontiert. Die Arbeit für verfolgte und bedrängte Christen und andere religiöse Minderheiten nimmt nicht ab. Wie können wir vor Ort die Hilfe bringen, die wirklich benötigt wird? Wie operieren wir sinnvoll bei zunehmenden Risiken, wie dem Irak oder Pakistan?

Mit der wachsenden Arbeit, wächst auch der Bedarf nach neuen Mitarbeitern. Wir haben momentan ein wirklich tolles Team. Da scheut man Veränderungen. Doch in der Vergangenheit musste ich immer wieder die Erfahrung machen, dass Gemeinschaften, wie etwa Hauskreise, keinen Bestand haben, wenn sie anfangen, sich selbst zu genügen. Jede Veränderung durch neue Menschen ist ein Wagnis. Aber wir sind herausgefordert, dieses Wagnis einzugehen, im Vertrauen darauf, dass Gott uns auf diesem Weg nicht alleine lässt.

Was liegt Ihnen für Ihr Land am meisten am Herzen?
Gerade weil wir uns bei CSI viel mit Ländern beschäftigen, in denen Menschen unter repressiven Systemen leiden, bin ich immer wieder so dankbar dafür, dass wir hier in einem freien Land leben. Wir haben einen funktionierenden, demokratischen Rechtsstaat, wir können in der Öffentlichkeit frei unsere Meinung sagen und Einfluss auf die Zustände in unserer Gesellschaft nehmen und unseren Glauben auch in Taten bekennen. Diese Freiheit ist ein grosses Geschenk, das wir dankbar aus Gottes Hand annehmen dürfen. Zugleich ist mit dieser Freiheit auch Verantwortung verbunden. Wir sind herausgefordert, mit dieser Freiheit sorgsam umzugehen und uns die Frage zu stellen, wie und wo wir dieses Geschenk zur Ehre Gottes und zum Wohl anderer Menschen einsetzen können. Wenn wir auf diese Weise Gottes Liebe in vielen kleinen und grossen Situationen erlebbar machen würden, dann wäre die Freiheit wohl gut genutzt.

Weitere Berichte finden sie im Dossier «Neujahrsserie 2015».

Zur Webseite:
CSI - Christian Solidarity International

Zum Thema:
Weltverfolgungsindex 2015 - Der Druck auf die Christen ist gestiegen
Protest gegen Christenvertreibung in Mossul
Schweizer Parteipräsidenten stehen zu Iraks Christen

Datum: 11.01.2015
Autor: Benjamin Dobermann / Daniel Gerber
Quelle: Livenet

Glaubensfragen & Lebenshilfe

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