78 entführte Schülerinnen und Schüler in Kamerun wieder frei
Am Sonntag (4. November 2018) griffen Bewaffnete die Presbyterian Secondary School in der Stadt Bamenda an. Sie entführten 78 Schülerinnen und Schüler sowie den Schulleiter und zwei Angestellte. Die Internatsschule gehört zur Presbyterianischen Kirche und ist Partner des Schweizer Missionswerks «Mission 21». Die Schüler sind mittlerweile wieder frei, der Schulleiter und ein Lehrer bleiben gefangen.
Die 78 entführten Schülerinnen und Schüler aus Kamerun sind wieder frei.
Der Kirchenvorsitzende Samuel Fonki erklärte, dass die Entführer die
Schliessung der Schule verlangten. Bereits am 31. Oktober waren elf
Schüler entführt worden, die damals gegen Lösegeldzahlung freikamen.
Schüler befreit, zwei Angestellte weiter gefangen
Die Entführer geben sich als Separatisten aus, ihre Identität ist aber noch unklar. Der Kirchenleitung wurde ein rund fünfminütiges Video geschickt. Das Video zeigt einige der eingeschüchterten Schüler. Fonki erklärt dazu, dies habe offenbar den Zweck, den Druck auf die Kirche zu erhöhen.
Wie CNN berichtete, wurden alle 78 Schülerinnen und Schüler heute (7. November) wieder freigelassen, einzig der Schulleiter und ein Lehrer werden aus unbekannten Gründen weiter festgehalten. «Gott sei Dank wurden 78 Kinder und der Fahrer freigelassen», wird Rev. Fonki Samuel Forba von CNN zitiert. «Der Schulleiter und ein Lehrer sind immer noch bei den Kidnappern. Lasst uns weiterhin beten, denn wir wissen nichts über die Kidnapper, bis wir die Schüler befragen können.»
Kampf um das Menschenrecht der Bildung
Die Kirche hatte die Schule, die von über 600 Kindern besucht wird, erst vor zwei Wochen wieder geöffnet. Sie hatte sich damit der Forderung von Separatisten widersetzt, ihre Schulen als Ausdruck des Widerstands gegen die Zentralregierung in Yaoundé geschlossen zu halten. Damit pochte die Kirche auf das Menschenrecht auf Bildung. Die Kirchenleitung hatte in der Nacht auf Dienstag ein Statement veröffentlicht. In diesem verurteilte sie die Tat und verlangte von den Tätern, die Entführten unverzüglich und bedingungslos freizulassen. Sie forderte von der Regierung, die Krise im Land dringend beizulegen. Die Kirche bittet die internationale Gemeinschaft, Wege zu suchen, um in der Beilegung der Krise mitzuhelfen.
Hintergründe des Konflikts
Der seit langem bestehende Konflikt zwischen französischsprachiger Zentralregierung und den beiden englischsprachigen Provinzen im Westen Kameruns verschärfte sich am 1. Oktober 2017 drastisch, als Separatisten die Unabhängigkeit der Provinzen als «Republik Ambazonia» ausriefen. Seither eskaliert die Situation.
Die International Crisis Group schätzt, dass im Konflikt über 800 Menschen getötet wurden. Amnesty International geht davon aus, dass von beiden Seiten Gräueltaten verübt wurden. Über 400'000 Menschen wurden zu Binnenflüchtlingen, rund 40'000 flohen ins Nachbarland Nigeria. Die Entführung der rund 80 Schüler durch eine Gruppe Bewaffneter ist in diesem Kontext zu sehen. Offen ist allerdings, wer die Tat begangen hat. Separatisten haben gestern ihre Beteiligung an der Entführung dementiert. Über die Identität der Entführer herrscht darum aktuell Unklarheit.
Vergleich mit «Chibok-Girls» in Nigeria problamtisch
Der von verschiedenen Medien angestellte Vergleich dieser Entführung mit der Entführung der 276 «Chibok-Girls» im April 2014 in Nigeria durch die islamistische Miliz Boko Haram ist problematisch. Die aktuelle Entführung in Kamerun hat keinen islamistischen Hintergrund. Die Forderung der Entführer nach Schliessung der Schule dürfte politisch motiviert sein und richtet sich nicht gegen Schulbildung an sich.
Die kamerunischen Kirchen einschliesslich der PCC suchen in dieser Situation einer sich zunehmend schnell drehenden Gewaltspirale zwischen der Zentralregierung und den Separatisten zu vermitteln, rufen auf zur Wahrung der Menschenrechte auf beiden Seiten, zum Schutz der Zivilbevölkerung und zur Suche nach Wegen zu einer gewaltfreien Lösung des Konflikts. Mit dieser Haltung gerät die Kirche immer wieder zwischen die Fronten der Konfliktparteien.