Asylbewerber besuchen

«Wir können ihnen von unserer Hoffnung berichten»

Viele Asylbewerber sind auf der Suche nach Sicherheit und Halt. Sie haben ihre Heimat verlassen. Oft wanken ihre religiösen und gesellschaftlichen Werte. Für Christen ist dies eine Gelegenheit, Kontakte zu knüpfen und geistlichen Beistand zu leisten, sagt Christoph Schum vom Leitungsteam des theologischen Seminar ISTL.

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Christoph Schum
Nahezu jeder Europäer hat in seinem Umfeld Asylbewerber. Niemand muss weit gehen, um auf sie zu stossen. «Für einige kommen zu viele in die Schweiz, andere sind grossherziger und würden noch mehr reinlassen. Die politische Diskussion blendet jedoch die Gedanken Gottes weitgehend aus», beobachtet Christoph Schum.

«Die Bibel gibt Anstösse, wie wir mit Menschen umgehen können», so Schum weiter. «Viele dieser Flüchtlinge haben schwere Zeiten hinter sich. Sie sind verunsichert, haben Heimweh, vermissen ihre Verwandtschaft, ihr Lieblingsessen, ihren Beruf, und so weiter. In all ihren Emotionen sind sie offen für Hoffnung und Halt. Sie sind offen fürs Evangelium. Könnte es sein, dass uns Gott hier eine Tür öffnet? Wir können uns entscheiden, über die Asylfrage zu diskutieren oder diese Menschen zu besuchen, mit ihnen einen Kaffee zu trinken und ihnen von unserer Hoffnung zu berichten.»

Besuche führen zu Jesus

Diese Idee haben Studenten der Bibelschule ISTL in die Praxis umgesetzt. «Mit mulmigem Gefühl sind sie in das nächste Asylheim aufgebrochen. Der Plan war, sich vorzustellen und mit einer Familie Kaffee zu trinken. Das Gebäck haben sie selbst mitgenommen.» Doch so weit kam es gar nicht. Vor dem Heim begannen sie mit Kindern zu spielen, Erwachsene schauten zu und kamen mit ihnen ins Gespräch. Schlussendlich wurde das Gebäck vor dem Heim gegessen.

Als sie fragten, ob sie nächste Woche wieder kommen dürfen, stiessen sie auf grosse Freude. «Aus diesem Erlebnis ergaben sich über mehrere Monate hinweg regelmässige Besuche. Fast jedes Mal hatten sie die Möglichkeit, von Jesus zu erzählen und darüber zu berichten, wie Gott ihnen in ihrem Leben half. Es gab kaum einen Besuch, bei dem nicht zusammen gebetet worden ist.» Durch solche Kontakte sind schon verschiedene Asylbewerber zu Christus gekommen.

Die Wahrheit hat Konsequenzen

Bei ISTL haben Asylbewerber aus verschiedenen Ländern Theologie studiert. «Statt zuhause zu sitzen können sie so Deutsch lernen und Vorlesungen besuchen. Diverse Kurse werden bei ISTL in Englisch angeboten. In einem Fall hat das Studium einen Asylbewerber so verändert, dass er sagte: 'Ich will die Wahrheit über meine Geschichte sagen!' So ging er auf den Polizeiposten und gestand, weshalb er wirklich in die Schweiz gekommen war. Dazu gehörte auch seine Tätigkeit als Drogenhändler.» Er kam ins Gefängnis. Nach seiner Strafe wurde er nach Nigeria ausgeschafft. «In seiner Heimat ist er nun als Botschafter von Jesus unterwegs, er baut jetzt Gottes Reich in Nigeria.

In einem anderen Fall hat ISTL einen Asylbewerber aus Kamerun ausgebildet. Auch er wurde ausgeschafft. Darauf hin hat dieser Mann in Kameruns Hauptstadt Yaounde eine neue Bibelschule aufgebaut. So wurde er zu einem Segen für viele Menschen, die nun in ihren Kirchen, einen gut ausgebildeten Pastoren haben.»

Schum ist überzeugt, dass manche Menschen in die Schweiz kommen, weil sie bei uns Jesus kennen lernen sollen. «Bei gewissen Volksgruppen stellt sich die Frage, wie wir sie für Jesus gewinnen können. Mission ist für Schweizer in gewissen Ländern faktisch nicht möglich. Einheimische haben da weniger Probleme. Sie können in ihr Land zurückzukehren. So ist es möglich, dass Menschen nach Europa kommen und später zurückgehen, um in ihrem Heimat zu wirken. Andere bleiben bei uns und können unter den Menschen aus ihrer Sprachgruppe von Jesus berichten.»

Die Herausforderung

Fast alle Schweizer haben in ihrem Umfeld Asylbewerber. «Warum machen wir nicht den ersten Schritt? Nach einigen Besuchen kann man gut auch jemanden ins eigene Haus einladen. Oft reicht dies bereits aus, damit man eine Person in den Gottesdienst einladen kann. Wenn Ausländer da Kontakte knüpfen, kommen sie vielleicht regelmässig und es ist eine Frage der Zeit, dass sie Jesus persönlich kennen lernen.»

Die wenigsten Christen sind begabte Prediger, sagt Christoph Schum. Aber einen Besuch könne jeder machen. «Vielleicht weiss man nicht, wie man jemanden zu Jesus führt. Aber wie man jemand einlädt, das weiss jeder.»

Es funktioniert

Peter Schaller, Mitarbeiter in einer Gemeinde am nördlichen Ufer des Zürichsee, spricht aus Erfahrung: «Vor drei Monaten zog ich mit einem Freund in ein Quartier mit hohem Ausländeranteil. Da lebt jemand aus Somalia und kommt nun manchmal in unseren Hauskreis und in die Gemeinde. Er schätzt die Gemeinschaft und weiss, dass er immer zu uns kommen kann. Das ist eine grosse Chance.» Schaller weiss, dass im Herkunftsland seines Bekannten das Leben ungleich mehr auf der Strasse stattfindet, während es hier eher in den eigenen vier Wänden über die Bühne geht. «Viele sind sehr offen, bei ihnen läuft alles über die Gemeinschaft.»

Peter Schaller besuchte mit Freunden zudem ein Asylheim. «Zuerst waren die Bewohner skeptisch, weil sie es nicht gewohnt sind, Besuch zu erhalten. Sie dachten scheinbar, dass wir von der Polizei oder den Behörden sind.» Bald aber entwickelten sich Beziehungen «und man wird nicht mehr gehen gelassen. Es ist eine riesige Chance.»

Schaller erlebt eine grosse Offenheit. «Gemeinschaft ist der Schlüssel. Durch die politischen Ereignisse im Nahen Osten sind viele fragend und suchend geworden.»

Über ISTL

Das theologische Seminar ISTL bildet eine neue Generation von Pastoren, Jugendpastoren, Evangelisten und Missionaren aus. Solides theologisches Arbeiten, gelebter Glaube und die Dringlichkeit der Evangelisation bilden unverzichtbare Werte im Studium. Die duale Ausbildung bei ISTL verbindet das Studium mit der praktischen Umsetzung in der lokalen Gemeinde.

Das ISTL (International Seminary of Theology and Leadership) feiert seinen 10. Geburtstag. Das Jubiläumsjahr ist geprägt vom Leitgedanken: 10 Jahre Innovation – sind nicht genug.

Zum Thema:
Brief aus dem Nahen Osten: «Manche werden sich in euren Gott verlieben»

Chance für Christen im Westen: Das ist keine Naturkatastrophe
Libanesische Stimme: «Die Herausforderung für die Christen in Europa»
Keine Angst vor Islamisierung: Merkel: «Haben wir den Mut, zu sagen, dass wir Christen sind»

Datum: 17.11.2015
Autor: Daniel Gerber
Quelle: Livenet

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