Sexualverhalten junger Christen nicht signifikant anders
Wenn in der Kirche über Sex gesprochen wird, wirft dies meist hohe Wellen. So war es auch in den letzten sechs Wochen in Schaffhausen, wo das ICF in der Predigtreihe «Let’s love one another» kein Blatt vor den Mund nahm. Die Leute wurden sogar nach ihrem Sexualverhalten befragt.
Pastor Christian Gfeller während einem Gottesdienst der Sex-Serie im ICF Schaffhausen
Die Umfrage geschah anonym über die Website www.liebe-ist-lernbar.ch, die das ICF Schaffhausen extra für die Themenreihe gestaltet hatte. «Let’s love one another – Liebe kann man lernen. Auch im Bett» nannte sich das Projekt, das von der Schaffhauser Sexologin und Sozialpädagogin Veronika Schmidt fachlich begleitet wurde. Pastor Christian Gfeller ist «mega dankbar für die Serie», wie er gegenüber Livenet erklärte. «Wir wollten informieren, die Realität zeigen und nicht bloss Gebote und Regeln predigen. Wenn du willst, dass Menschen Eigenverantwortung übernehmen, ist es wichtig, dass du klar informierst.»
Zwei Drittel der Befragten hatten Sex vor der Ehe
Pastor Christian Gfeller
Diesen wissenschaftlich-therapeutischen Ansatz verfolgte man besonders auch mit der Umfrage zum Sexualverhalten der Schaffhauserinnen und Schaffhauser. Dabei resultierten folgende Erkenntnisse:
64% der Leute, die bei der Umfrage auf www.liebe-ist-lernbar.ch teilnahmen, gaben an, schon vor der Ehe sexuelle Erfahrungen gemacht zu haben. Das sind leicht weniger als die 75%, die bei nationalen oder europäischen Umfragen ermittelt wurden.
99% der Befragten hatten zwischen 16 und 20 Jahren ihre erste sexuelle Erfahrung.
Sexologin Veronika Schmidt hält in der grundsätzlichen Analyse der Resultate fest, dass sich das Sexualverhalten in der Kirche und ausserhalb der Kirche nicht signifikant unterscheide. «Interessant ist, wann der erste Geschlechtsverkehr stattfindet. Bei 99% der Umfrageteilnehmer war das zwischen 16 und 20 Jahren.»
Weiter ergänzt sie: «Aus unserer Umfrage könnte man vielleicht auch den Schluss ziehen, dass das Warten mit Sex einfacher wird, wenn man die Altersgrenze 20 überschritten hat.» Weitere Studien zum Sexualverhalten Pubertierender würden aussagen, dass Jugendliche umso später Sex haben, je mehr sie über Sexualität wissen. Deshalb seien Eltern, Kirche und Schule gefordert, frühzeitig und nachhaltig mit ihren Kindern über Sex zu sprechen und die Persönlichkeit der Kinder zu stärken, so Schmidt. Dies vor allem, damit das 1. Mal ein selbstbestimmtes Ereignis wird und nicht einfach der Selbstbestätigung dient oder unter Druck geschieht.
«One-Night-Stands können Depressionen auslösen»
ICF-Pastor Christian Gfeller ist von den Resultaten nicht überrascht. Es sei klar, dass auch innerhalb der Kirche lange nicht alle mit dem Sex warten, bis sie verheiratet sind. In der Serie «Let’s love one another» habe man versucht zu betonen, wie Sexualität in der Ehe Spass mache und den Leuten eine Vision dafür zu geben. «Wenn du ein Familienleben haben und mit einer Person zusammen sein willst, ist es sicher besser, früh Treue zu lernen. Das ist auch, was Gott sich wünscht.»
Sexologin Veronika Schmidt bekräftigte den Wert der Treue anhand von wissenschaftlichen Studien. Diese würden zeigen, dass auch junge Menschen stärker nach Treue als nach Ekstase suchten, so Schmidt. «One-Night-Stands können Depressionen auslösen», erklärte sie.
Schaffhauser Nachrichten berichteten über Sex-Serie
Die Tageszeitung der Region Schaffhausen, die «Schaffhauser Nachrichten», widmeten der Themenreihe der Freikirche in ihrer Ausgabe vom 7. März 2014 über eine halbe Seite. Im Interview mit dieser Zeitung versichert Christian Gfeller, dass man beim Thema Sex weder Druck ausübe noch als Kirche die Betten kontrolliere. Jeder müsse selbst wissen, was er mit seinem Körper machen wolle. Weiter sagte der Leiter von ICF Schaffhausen: «Ich finde es schade, wenn immer nur betont wird, wogegen wir seien. Uns ist wichtiger, wofür wir sind. Natürlich ist die Freikirchen-Szene an dieser Wahrnehmung nicht ganz unschuldig: Es wird oft darüber geredet, dass es wichtig sei, mit dem Sex bis zur Ehe zu warten, und weniger erklärt, wie erfüllend Sexualität in der Ehe sein kann. Denn erst in diesem Zusammenhang ergibt ein Warten Sinn.»
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