Planbar oder nicht?

Geistlich wachsen in 5 Schritten

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«Lies die Bibel, bet jeden Tag, wenn du wachsen willst …», heisst es in einem alten christlichen Kinderlied. Tatsächlich ist Wachstum, auch im geistlichen Bereich, etwas komplizierter. Es lässt sich nicht «machen», aber Christen können und sollen eine Umgebung schaffen, in der sie sich positiv entwickeln. Die folgenden fünf Schritte sind keine Automaten, aber sie zeigen ein paar wichtige Wachstumskomponenten.

Gerade der Bereich des geistlichen Wachsens (auch Heiligung genannt) bewegt sich oft zwischen zwei Polen: Die einen rechnen damit, dass sie bloss auf einige geistliche Knöpfe zu drücken brauchen, und schon sind sie gewachsen. Wenn sie sich richtig verhalten und die passenden geistlichen Übungen praktizieren, dann kann Gott doch nur segnen … Die anderen haben schon längst resigniert. Sie hören nur noch «heilig», «vollkommen» oder «geistlich» und wissen längst, dass sie solch einen Level nie erreichen. Also sehen sie das Thema fussballerisch: Es gibt zwar Profis, aber ich bin eben Amateur und spiele in der Kreisliga – oder schaue sogar nur zu. Beide Haltungen werden dem nicht gerecht, was die Bibel anbietet. Da geht es weder um Leistung noch um Lethargie, sondern um echtes Leben.

1. Wachsen wollen

Jesus selbst hält im Blick auf seine Nachfolger fest, dass der Mindestlevel, ein geistliches Gerade-noch-Überleben, nicht sein Ziel ist: «Ich bin gekommen, damit sie das Leben haben und es im Überfluss haben» (Johannes, Kapitel 10, Vers 10). Die Bibel redet an vielen Stellen von Wachsen und Weiterentwickeln. Oft wird dies sehr organisch formuliert wie im Bild vom Weinstock, der Frucht bringt (Johannes, Kapitel 15). Oft klingt es auch nach Anstrengung oder Kampf, wie zum Beispiel bei Paulus: «Ich vergesse, was dahinten ist, und strecke mich aus nach dem, was vor mir liegt, und jage auf das Ziel zu, den Kampfpreis der himmlischen Berufung Gottes in Christus Jesus. Lasst uns alle, die wir gereift sind, so gesinnt sein …» (Philipper, Kapitel 3, Vers 13–15). Egal wo der Schwerpunkt liegt: Die Bibel stellt Wachstum als das Normale vor, als ein lohnendes Ziel, und fragt damit gleichzeitig heutige Christen: Willst du das auch?

2. Lieblings- und Wachstumsbereiche unterscheiden lernen

Sporttrainer können ein Lied davon singen, dass Menschen oft seltsame Wünsche haben. Da wiegt jemand 30 Kilo zu viel und möchte gern einen Marathon laufen … Im geistlichen Leben ist das ähnlich. Man sollte mehr beten. Natürlich. Aber ist das für mich dran? Ich würde gern vollmächtiger predigen. Natürlich. Aber liegt das für mich tatsächlich obenauf? Wachstum ist in vielen verschiedenen Bereichen möglich, aber niemand kann seinen Fokus auf 17 Bereiche gleichzeitig legen. Deshalb ist es wichtig, sich zu beschränken. Und dafür ist es nötig zu unterscheiden, wo die eigenen Lieblingsbereiche liegen und wo echte Wachstumsbereiche sind. Manchmal weiss man einfach: Das ist jetzt dran. Und manchmal helfen einem Ehepartner, Eltern, Kinder oder Freunde dabei zu identifizieren, wo gerade Wachstum nötig und möglich ist. Paulus zum Beispiel schrieb den Thessalonichern das Thema Liebe ins Stammbuch (bzw. in einen Brief): «Euch aber lasse der Herr wachsen und überströmend werden in der Liebe zueinander und zu allen» (1. Thessalonicher, Kapitel 3, Vers 12).

3. Bedarf bestimmen

Ein weiterer Schritt ist es festzulegen, was einem auf dem angedachten Weg weiterhilft. Ein Buch? Eine Bibelstudiengruppe? Ein regelmässiger Kneipenbesuch mit Arbeitskollegen? Hier kann es wirklich hilfreich sein, ausserhalb der gemeindlichen Standardlösungen nachzudenken. Irgendjemand hat es einmal so ausgedrückt: Wenn ich mein Ziel auf dem bisherigen Weg nicht erreichen kann und deswegen meine Anstrengungen verdoppele, ist das Fanatismus und kein Glaube. Es geht also nicht um Anstrengung oder Krampf, sondern darum zu fragen: Was bringt mich hier weiter?

4. Mit Wachstum rechnen – irgendwann

Wer ein Computerprogramm schreibt, weiss sehr schnell, ob es funktioniert oder nicht. Wer einen Apfelbaum pflanzt, muss ein paar Jahre warten, bis der erste Ertrag da ist – und selbst dann gibt es gute und schlechte Erntejahre, auch wenn alle Voraussetzungen erfüllt sind. Geistliches Wachstum funktioniert eher wie ein Apfelbaum als wie ein Computerprogramm. Natürlich ist das Ziel Frucht, Wachstum, Reife und Entwicklung. Doch geistliches Wachstum lässt sich nicht terminieren. Wieder einmal ist es Paulus, der das Ganze im Prinzip von Säen und Ernten prägnant zusammenfasst: «Lasst uns aber im Gutestun nicht müde werden; denn zu seiner Zeit werden wir auch ernten, wenn wir nicht ermatten» (Galater, Kapitel 6, Vers 9).

5. Kleine Schritte nicht unterschätzen

Im Zeitmanagement heisst es immer wieder: Kleine Zeiträume werden über- und grosse Zeiträume unterschätzt. Das stimmt. Und es gilt auch für geistliche Entwicklungen. Es hört sich wunderbar an, wenn man sagt: «Ich habe dies getan und sofort war alles anders.» Leider entspricht es nur selten der Realität. Die sieht meist so aus, dass man möglichst konsequent, Tag für Tag kleine Schritte geht und dadurch im Laufe der Zeit wächst – Rückschläge inklusive. Gerade wenn es um Wachstum geht, sind markige christliche Sprüche nicht hilfreich: «Ganz oder gar nicht», «Ein halber Christ ist ein ganzer Unsinn» usw. Das hört sich herausfordernd an, aber es überfordert schnell. Und es ignoriert völlig, dass Glaube wächst – Schritt für Schritt, langsam, aber unaufhaltsam.

Lies die Bibel, bet jeden Tag

Wie findet Wachstum nun tatsächlich statt? Jedenfalls nicht so, dass ich festlege, von morgen an in diesem oder jenen Bereich gewachsen zu sein. Allerdings überfällt mich Wachstum auch nicht völlig überraschend. Tatsächlich gehört Zeit mit Gott dazu. Sorry, aber ohne die Bibel geht es nicht. Hier zeigt sich Gott, macht er sich verständlich, greifbar, nachvollziehbar. Gleichzeitig geht es nicht darum, nur zu Inhalten ja zu sagen. Wachstum ist wesentlich mehr …

Der Gemeinde in Ephesus (und allen anderen Christen) schreibt Paulus über Reife und Wachstum: «… bis wir alle zur Einheit des Glaubens und der Erkenntnis des Sohnes Gottes gelangen, zur vollkommenen Mannesreife, zum Mass der vollen Größe des Christus; damit wir nicht mehr Unmündige seien, hin- und hergeworfen und umhergetrieben von jedem Wind der Lehre durch das betrügerische Spiel der Menschen, durch die Schlauheit, mit der sie zum Irrtum verführen, sondern, wahrhaftig in der Liebe, heranwachsen in allen Stücken zu ihm hin, der das Haupt ist, der Christus» (Epheser, Kapitel 4, Vers 13–15).

Willkommen zu einem Leben voller Wachstum und Überraschungen, zu einem Leben mit Gott.

Zum Thema:
Frommes auf die Ohren: Christliche Podcasts
Glaubenswachstum: Warum Sie nicht so viel in der Bibel lesen sollten
Bestseller-Autor Joshua Harris: Von Fehlern lernen und an ihnen wachsen

Datum: 07.08.2019
Autor: Hauke Burgarth
Quelle: Livenet

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