«Saturday for Future» gegen Abtreibung und Sterbehilfe
Mehrere Tausend Menschen sind am Samstag beim «Marsch für das Leben» gegen Abtreibung und Sterbehilfe durch Berlin gezogen. Auf einer Kundgebung vor dem Reichstag sprachen sich die Redner für den Schutz der Würde eines jeden Menschen aus. Gegendemonstranten versuchten, die Veranstaltung mit lautstarken Protesten zu stören.
«Marsch für das Leben» in Berlin
Eine heisse Spätsommersonne scheint vom strahlend blauen Himmel. Der Platz vor dem Reichstag ist gefüllt mit Menschen, der Veranstalter zählt um die 8'000. Viele tragen ein weisses Holzkreuz oder Plakate mit Aufschriften wie «Töten ist keine ärztliche Kunst», «Abtreibung ist Unrecht» oder schlicht «Danke, Mama!» Vom Kleinkind im Buggy über Teens bis hin zum Rentner ist jedes Alter vertreten. Sie alle sind dem Aufruf des Bundesverbandes Lebensrecht, ein Zusammenschluss deutscher Lebensrechtsorganisationen, gefolgt und demonstrieren in Berlins Mitte gegen Schwangerschaftsabbruch und Sterbehilfe.
«Es ist mir ein Anliegen, dass niemand getötet wird, ob jung oder alt», erklärt ein junger Mann, der mit seiner Frau aus Nordrhein-Westfalen angereist ist. Eine Jugendliche erzählt, ihr sei sehr nahegegangen, dass ihre ältere Schwester abgetrieben habe. Eine Schulleiterin einer christlichen Schule findet es wichtig, «die Stimme zu erheben für das Leben». Von Vorwürfen, diese Veranstaltung sei zu plakativ, hält sie nichts. «Die Gegenpartei ist plakativ», sagt sie mit Blick auf die Gegendemonstranten ein Stück weiter. «Wir haben ein Herz für Menschen in Not.»
Gegendemonstranten mit Rauchbomben
Gegendemonstranten
Mit Trillerpfeifen und «Haut ab»-Sprechchören versuchen einige Dutzend Gegendemonstranten, zu stören. Sie werden von Absperrgittern und patrouillierenden Polizisten von der Veranstaltung ferngehalten. Dennoch landet so manche Rauchbombe auf der Wiese und Einzelne schaffen es immer wieder, sich unter die Marsch-Teilnehmer zu mischen und dazwischenzurufen.
Auf der Bühne lässt man sich davon nicht beirren. Die Vorsitzende des Bundesverbandes Lebensrecht, Alexandra Linder, erklärt diesen Tag zum «Saturday for Future». So viele Teilnehmer wie die Klima-Demonstration am Vortag bringt der Marsch für das Leben zwar nicht zusammen. Dennoch sei er umso wichtiger, so Linder. Auch der Ex-Bundestagsabgeordnete Norbert Geiss (CSU) schlägt die Brücke zu den Klimademos. Klimaschutz sei ein wichtiges Thema, die Schöpfung sei uns anvertraut, so Geiss, er fragt aber: «Wenn wir nicht zugleich dem Menschen am Anfang seiner Existenz Schutz gewähren, sind wir dann überhaupt noch glaubwürdig?» Trillerpfeifenkonzert bei den Marschgegnern: «Geh nach Hause», brüllen sie.
Karin Meincke (CDU), Bürgermeisterin von Krefeld und selbst in der Hospizarbeit tätig, fordert von der Bühne Aktivisten für die Nächstenliebe. «Ich wünsche mir so sehr, dass die Menschen, die dahinten pfeifen, einfach mal den leisen Schrei der Menschen hören, die Hilfe brauchen», sagt sie. Menschenwürde bedeute, an der Hand eines geliebten Menschen zu sterben und nicht durch die Hand eines Menschen, wendet sie sich gegen den assistierten Suizid.
«Als Kirche an der Seite von ungewollt schwangeren Frauen!»
Bewegend sind die Lebenszeugnisse von zwei Müttern: Die eine in der Schwangerschaft mit einer möglichen Behinderung des Kindes konfrontiert, die andere berichtet von der Lebensfreude eines in die Familie aufgenommenen Down-Syndrom-Kindes. Die am tödlichsten bedrohte Gruppe von Menschen sei die der ungeborenen behinderten Kinder, mahnt Stefan Oster, katholischer Bischof von Passau, und beteuert: «Wir wollen als Kirche an der Seite von Frauen stehen, die ungewollt schwanger sind. Wir sind bereit zu helfen.»
Protestzug durch Berlin
Beim inzwischen jährlich stattfindenden Marsch für das Leben wird deutlich: Das Thema Abtreibung polarisiert – immer noch und immer wieder. Und mancher mag sich an diesem heissen Eisen nicht die Finger verbrennen. Klare Unterstützung für den Marsch kam schon im Vorfeld von der Deutschen Evangelischen Allianz und von Freikirchen. So reihte sich auch der Allianz-Vorsitzende Ekkehart Vetter in den Marsch der Schweigenden ein.
Botschaft von Papst Franziskus
Die Katholische Kirche schickte ein Grusswort von höchster Stelle: Jeder Mensch sei gleich wertvoll, liess Papst Franziskus an die Marschteilnehmer übermitteln. «Daher ist es unsere Pflicht, als Christen und Glieder der Gesellschaft aufzustehen, wenn das Recht auf Leben und die Würde des Menschen bedroht oder auf subtile Weise ausgehöhlt und untergraben werden.» Er erbitte Gottes reichen Segen für alle Teilnehmer, so das Kirchenoberhaupt. Auch verschiedene katholische Bischöfe hatten angekündigt, beim Marsch dabei zu sein.
Verhaltener sind die Reaktionen von Seiten der Evangelischen Kirche. Ein Grusswort zumindest liess der Bischof der Evangelisch-Lutherischen Landeskirche Sachsens, Carsten Rentzing, den Veranstaltern zukommen. Es führe zu tiefer Bestürzung, dass sich trotz des Evangeliums Hass und Gewalt ausbreiteten und «den Ungeborenen das Lebensrecht immer wieder bestritten wird». Dagegen war Susanne Kahl-Passoth von den Evangelischen Frauen Deutschland auf der Abschlusskundgebung einer Gegenveranstaltung angekündigt: Fast gleichzeitig zum Marsch für das Leben hatte das «Bündnis für sexuelle Selbstbestimmung» zu einer Demonstration aufgerufen unter dem Motto «Leben und Lieben ohne Bevormundung». Auch das «What the fuck-Bündnis» hatte zu einer queer-feministischen Demo aufgerufen.
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