Weihnachten.
Jesus Christus kommt auf die Welt. Dies feiern seine Nachfolger seit
Jahrhunderten. Aber so einig sie sich im eigentlichen Anlass sind, so
unterschiedlich gestalten sie das Feiern.
Längst gehört Rudolf, das rotnasige Rentier aus den
USA, auch in unseren Breiten in die Weihnachtsdekoration. Andere Bräuche sind
eher unbekannt, etwas das Mitnehmen eines selbst gebauten Luca-Stuhles in den
Weihnachtsgottesdienst wie in Ungarn. Auch der Termin, an dem Christi Geburt
gefeiert wird, schwankt zwischen dem 24. Dezember und dem 7. Januar – je
nachdem, ob die Christen dieser Gegend sich am julianischen oder am
gregorianischen Kalender orientieren. Durch eine westlich orientierte
«Fernsehkultur» wird zwar vieles vereinheitlicht, doch gerade beim
Weihnachtsfest finden sich immer noch zahlreiche regionale Besonderheiten.
Die
längste Weihnachtszeit
Weihnachten ist gar nicht überall auf der Welt ein
Feiertag. Einige Länder haben dafür sogar mehrere Feiertage. Den absoluten
Rekord stellen allerdings die Philippinen auf: Es wird zwar bis auf wenige Tage
gearbeitet, doch Weihnachten bestimmt den Tagesablauf ab Mitte Oktober. Dann
werden bereits Weihnachtslieder im Radio gespielt und der Weihnachtsverkauf
beginnt. Ab dem 1. Dezember erscheinen die ersten «paroles». Die
Weihnachtslaternen aus Papier hängen in jedem Fenster, sogar in Autos, Bussen
und Jeepneys. Frühmorgens am 16. Dezember ertönen mit dem ersten Hahnenschrei
im ganzen Land die Glocken der katholischen Kirchen und läuten die «offizielle»
Weihnachtszeit ein. Musikzüge marschieren durch die Strassen und Kinder knallen
mit Feuerwerkskörpern – all das, um jeden zur «Misa de Gallo», der Hahnenmesse,
aufzuwecken. Danach wird neun Tage lang in einem Zyklus von Messen Weihnachten
vorbereitet und vorgefeiert.
«Maligayamg Pasko!» – das heisst «Frohe Weihnachten»
auf Tagalog.
Das
baumloseste Weihnachten
Nicht überall gehört ein Weihnachtsbaum zur
Tradition. Auf Island schon, doch Bäume sind hier absolute Mangelware. Bevor
der Import vom Festland einigermassen bezahlbar wurde, bauten sich viele
Isländer früher Bäume aus Holzlatten, malten sie grün an und dekorierten sie
mit immergrünen Zweigen und klassischer Weihnachtsdekorationen. Im dunklen
Norden spielt natürlich auch das Licht eine grosse Rolle. Alles ist mit
Laternen und (elektrischen) Kerzen geschmückt. Am Morgen des 24. Dezembers
werden sogar die Gräber auf den Friedhöfen beleuchtet. Statt des
Weihnachtsmanns kommen 13 Weihnachtszwerge und bringen den Kindern Geschenke. Der
erste kommt zwölf Tage vor Heiligabend, der letzte an Heiligabend. Entsprechend
verschwindet der erste am 1. Weihnachtsfeiertag und der letzte am
Dreikönigstag. Dann gibt es auch keine Bäume mehr – ob importiert oder
selbstgebaut.
«Gledileg Jol!» – das heisst «Frohe Weihnachten» auf
Isländisch.
Das
weisseste Weihnachten
Weisse Wehnachten verbindet man bei uns meist mit
Schnee. Mal ist er tatsächlich da – und meistens nicht. In Australien werden
allerdings immer weisse Weihnachten gefeiert: am weissen, heissen Strand. Die
Weihnachtsdekoration sieht der europäischen erstaunlich ähnlich, doch unter den
bunten Lichtern sind garantiert nur künstliche Bäume. Und eventuelle Nikoläuse
müssen sich Kühlakkus in die Taschen stecken, um bei 30°C nicht umzukommen vor
Hitze. Der erste Weihnachtsfeiertag wird in Australien traditionell als
Familienausflug an den Strand gefeiert, mit Picknick oder Grillen im Park. Der
Tag ist gleichzeitig der Beginn der einmonatigen Sommerferien.
«Merry Christmas!» – das heisst «Frohe Weihnachten»
auf Englisch.
Das
vegetarischste Weihnachten
In Bulgarien wird ab dem 15. November gefastet. Der
25. Dezember markiert das Ende dieser orthodoxen Tradition. Am Abschlusstag,
dem Heiligen Abend, steht ein Festmahl mit möglichst vielen, aber immer einer
ungeraden Zahl an vegetarischen Gängen auf dem Programm: Linsen, Reis, Kohl,
Bohnen, gefüllte Paprika, eingelegtes Gemüse, Nüsse, Äpfel, Honig und Brot. Dazu
bekommt jeder Gast des Hauses eine
Nuss auf den Teller gelegt. Deren Form beim Aufknacken soll ihm eine
Vorstellung davon geben, was im neuen Jahr auf ihn zukommt. Das Brot, das zum
Schluss serviert wird, enthält eine eingebackene Münze. Wer sie findet, soll im
nächsten Jahr besonders viel Glück haben. In den folgenden Tagen wird deftig
und fleischreich gegessen, und die jungen Männer ziehen gemeinsam von Haus zu
Haus und singen als «Koledari» für die Nachbarn.
«Tschestito Rojdestvo Hristovo!» – das heisst «Frohe
Weihnachten» auf Bulgarisch.
Das erste
Weihnachten
Es unterscheidet sich ziemlich von allem, was wir
heute irgendwo auf der Welt feiern. Tradition gab es noch keine. In einem
kleinen Dorf in der Nähe von Jerusalem wurde Jesus geboren. Gott selbst wurde Mensch,
weil er uns allen das bringen wollte, was wir uns nicht selbst schenken
konnten: seine Rettung. Heutige Weihnachtsfeiern sind spannende kulturelle
Mischungen, hoffentlich friedliche und besinnliche Zeiten mit unseren Freunden
und Familien, aber immer auch ein Rückblick auf dieses erste Weihnachten in
Bethlehem. Auf die Zusage Gottes, die bis heute gilt: «Fürchtet euch nicht!
Denn siehe, ich verkündige euch grosse Freude, die dem ganzen Volk widerfahren
soll. Denn euch ist heute in der Stadt Davids der Retter geboren, welcher ist
Christus, der Herr» (Lukas, Kapitel 2, Vers 10-11).