«Das gesamte System christlicher Kommunikation
weiss nicht, wie die Regeln des Kommunizierens funktionieren.» Mit dieser
und ähnlichen Thesen unterhielt der Politologe und Buchautor Erik
Flügge 130 Besucher zum Abschluss des Christlichen Medienkongresses auf
dem Schönblick.
Erik Flügge (Bild: twitter.com)
Das Thema von Erik Flügges Vortrag lautete: «Kann man uns noch
glauben?» Seine Antwort: «Nein!» Flügge erklärte seine provokante
Antwort damit, dass seiner Ansicht nach «das gesamte System christlicher
Kommunikation (nicht wisse), wie die Regeln des Kommunizierens
funktionieren».
Kommunikative Regeln werden missachtet
Der Politberater ist unter anderem Autor der Bücher
«Wie die Kirche an ihrer Sprache verreckt» und «Nicht heulen, sondern handeln», in denen er die kirchliche Kommunkation ins Visier nimmt.
Es gebe gemeinsame Regeln für Quantität, Qualität, Relevanz und
Stil, erklärte Flügge bei seinem Vortrag. Weder die Evangelische noch
die Katholische Kirche hielten sich an die Regeln, die dafür sorgten,
dass Kommunikation gelingen könne. So sei kirchliche Kommunikation viel
zu oft eine reine Senderbeziehung. Frage sich ein Mensch, ob die
Botschaft der Kirche glaubwürdig sei, mache er dies nicht an den reinen
Inhalten fest, sondern am Einhalten der kommunikativen Regeln.
Quantität, Qualität, Relevanz, Stil
Bibel auf Bierdeckel
Die Maxime der Quantität besage, dass sich der Sender so informativ
äussern sollte, wie für den Zweck des Gesprächs nötig, zugleich aber
nicht ausschweifend, also informativer als nötig. Als Negativ-Beispiel
nannte er die Bierdeckelaktion der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau.
Die Maxime der Qualität fordere vom Sender, einen Gesprächsbeitrag zu
liefern, der wahr ist. Er solle nichts sagen, wovon er glaube, dass es
falsch ist, oder wofür nicht genügend Anhaltspunkte bestehen. Der
Automat «Jesus to go» des Erzbistums Köln ist Flügges Ansicht nach ein
Beispiel, bei dem es nicht gelungen ist, diese Maxime einzuhalten:
«Dafür muss man katholischer Insider sein, um die Geschichte zu
dechiffrieren», glaubt Flügge.
Zur Maxime der Relevanz erklärte Flügge: «Sage nichts, was nicht zum
Thema gehört, wechsle nicht das Thema. Beachte den Gesprächskontext
vorangegangener Kommunikation und das Vorwissen deines
Kommunikationspartners.» In Bezug auf die Maxime des Stils riet Flügge
dazu, «Unklarheiten, Mehrdeutigkeit, unnötige Weitschweifigkeit und
Ungeordnetheit» in der Kommunikation zu vermeiden. Wie unterschiedlich
die Deutungsmöglichkeiten sind, wenn sich ein Sprecher nicht an diese
Maxime hält, veranschaulichte Flügge anhand der Weihnachtspredigt eines
Landesbischofs. Die Form der Predigt hält Flügge ohnehin für überholt.
Studiengang für Glaubenskommunikation
Am von ihm selbst angestossenen Projekt «Valerie und der Priester»
beschrieb Flügge dagegen, wie Glaubensthemen verständlich öffentlich
kommuniziert werden können. Kommunikation gelinge immer dann, wenn man
sie um den Fragenden, nicht um den Sender herum baue. Dies sei eine
Frage des Wie, weniger der Ressourcen: «Ein System, das seltsam spricht,
lauter sprechen zu lassen, funktioniert nicht.» Stattdessen müssten
Sender darauf achten, das «Kooperationsprinzip der Kommunikation» nicht
zu verletzen.
Abschliessend kündigte Flügge an, an einem universitären Modell zu
arbeiten und einen entsprechenden Studiengang etablieren zu wollen:
«Glaubenskommunikation muss eine eigenständige Profession werden.»
Austausch für christliche Medienschaffende
Mit Flügges Vortrag endete der 6. Christliche Medienkongress am 18.
Januar in Schwäbisch Gmünd. Der Kongress versteht sich als
Gesprächsforum für christliche Medienschaffende. Vor zwei Jahren fand
der vorige Kongress statt. Rund 130 Medienschaffende berieten in
Seminaren und Diskussionsveranstaltungen im Christlichen Gästezentrum
Schönblick darüber, wie Journalismus glaubwürdiger und wie die
christliche Botschaft wirkungsvoll in den Medien verbreitet werden kann.
Träger des Christlichen Medienkongresses sind die Evangelische Kirche
in Deutschland (EKD), das Gemeinschaftswerk der Evangelischen
Publizistik (GEP), Bibel.TV, die Evangelische Landeskirche in
Württemberg, die Agentur Media Vision, die SCM Verlagsgruppe, die
Stiftung Marburger Medien, ERF Medien, die Christliche Medieninitiative
pro, CFF – Forum für Christen in Film und Fernsehen und die Evangelische
Nachrichtenagentur idea.